Titel | ||||
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156 | Ach, wie lieb … | |||
Vorschautext: Ach, wie lieb schien doch der Frühling heute in mein Fenster. Ich begrüsste ihn mit Freuden und bedauerte, dass ich so müde war. „Lieber Frühling“, sagte ich, „muss erst 'ne kleine Runde schlafen“, andernfalls seh' ich am Abend lila Mäuse und Gespenster. „Kommst du später raus?“, schien er zu fragen … Und ich nickte ernsthaft und ergeben, wollte gar zu gern den Frühling noch erleben und paar müde Schritte hin zum Hafen wagen. Schlief dann ein auf meinem schwarzen Kanapee, fand mich bald in abenteuerlichen wilden Träumen - ... |
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155 | Denn der Wind kann nicht lesen ... | |||
Vorschautext: Denn der Wind kann nicht lesen ... Was ist schon dabei, dass der Wind nicht lesen kann, singt oder pfeift er doch, sobald er erwacht: sanfte Lieder im Sommer, den er liebt wie einen Bruder, und zärtlich wie ein Sonnenstrahl kühlt er unsere Haut und das Gefieder der Vögel. Im Herbst pfeift der Meister behänder Schatten Arien in Moll, bläst seine Backen auf, brüllt, dass ein Löwe im Schlaf von seinesgleichen träumt, zischt gleich Schwärmen von Mauerseglern ums Häusereck und durch die Schluchten der Straßen, rüttelt der Bäume erschöpftes Geäst und was da fällt, ist verloren und kehrt niemals wieder. ... |
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154 | Dem Eise verwehr und vertrau | |||
Vorschautext: Dem Eise verwehr und vertrau Colchica, Schöne, du meine Herbstzeitlose: Vor den Toren der unbarmherzige Winter – doch dem Eise verwehr, nicht aber dem weichen Schnee weiß und vertrau ... |
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153 | Birkentraum nach W.Borcherts Laternentraum | |||
Vorschautext: Birkentraum (nach Wolfgang Borcherts Laternentraum) Wenn ich tot bin, möchte ich immerhin so eine Birke sein, und die müsste am Waldrand stehn und jeden davor warnen, allein darin umherzuspazieren. Oder vor einem Haus, worin alte Leute wohnen und manche Nacht weinen, ... |
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152 | Winterworte | |||
Vorschautext: Winterworte Schon morgens welkt der Tag, die Zeit galoppiert davon; meine Sehnsucht stolpert ihr nach, sucht ein Lasso, einzufangen weiße unendliche Stille: das Gebet unter einem blauen Himmel. Den Abend umgarne ich mit ... |
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151 | Wir sind kahl – aber wir funkeln ... | |||
Vorschautext: Wir reckten und streckten uns nach den Sternen, strebten danach, ihnen nah zu sein, sie zu erreichen. Schau, jetzt hat man sie gepflückt und unsere Äste damit geschmückt! Wir sind mit goldenen Lichtern bestückt und wahnsinnig glücklich darüber, und die Menschen, die vorüber- spazieren, freuen sich mit uns. Welch ein herrlicher Brauch! Die Leute schauen beinahe ... |
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150 | Einen Wald zu wissen ... | |||
Vorschautext: Einen Wald zu wissen - gleich neben der Stadt, deren Farbengewalt dich auf Dauer blind machen könnte; aber wenn du dann im Moos liegst, entkrampft, und deine Augen zur Kur schickst, ein Weilchen baden lässt im Laub und wenn dann auch noch ein kleiner Wind die Blätter der Bäume in freudige Aufruhr versetzt und deine Gedanken zu den Wipfeln der Bäume emporklettern … ... |
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149 | Trostlosigkeit - guten Morgen | |||
Vorschautext: Noch nie erschien ein Winter mir so grau wie dieser – heuer vermisse ich das Himmelsblau, darüber Vogelschwärme gleiten. Der Mohn – im Weizen glühte er gleich einem Freudenfeuer, vergangen wie ein Rausch: die schönen bunten Sommerzeiten. Noch nie erschien ein Winter mir so grau wie dieser – heuer neigen die Stunden sich apathisch über Stadt und Land, und in der Altstadt, jener lebensfrohe, junge Straßenmusikant - will weiter südwärts ziehen für ein strahlenderes Abenteuer. Wie lange noch? Wann tritt er ein, der unbarmherz'ge Nachtfrost, den uns Experten für das Wetter allerjüngst vorhergesagt? Was folgt auf Sturm aus Norden, auf Orkane von Nordost? Wie lang noch dauert dieses Wetter an, die öde graue Krankenkost, erstarren Worte in vereisten Herzen und in Winterseelen - ungefragt ... |
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148 | Meine Muse (für Heinrich Böll) | |||
Vorschautext: Meine Muse ist der barmherzige Traum, darin der Himmel auf Erden gelebt wird. Meine Muse ist das erträgliche Leben nach dem Erwachen aus einem bösen Traum. Meine Muse ist tot: der Dichter aus Portland, der die Nacht herbeiflehte, zu dem die Bäume sprachen; meine Muse ruht in russischer Krume, unter der wilden Friedhofserdbeere. Ich las, wie alt sie geworden war und dass sie 'Marina' hieß. ... |
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147 | Klage eines Dienstmädchens | |||
Vorschautext: Wie meistens kam der Herr Direktor heute später heim; beim Abendessen gab es deshalb reichlich Zoff; die gnäd᾽ge Frau war aufgebracht und sehr gemein und prüfte wenig später seinen Anzugstoff, … fand einen Hauch von rosa Lippenstift am weißen Einstecktuch und machte eine bitterböse Szene: scheuchte den Herrn Direktor von dem Kanapee - er las in einem Buch und brüllte: Mach mal halblang, Magdalene! Das habe Fräulein Knaust ihm vor der Sitzung noch gerichtet, die habe ständig Farbe an den Händen, ... |
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146 | Die grauen Wintertage ... | |||
Vorschautext: Die grauen Wintertage: bald sind sie vergessen; ich weiß, sie schlugen dir arg aufs Gemüt. Des Menschen Seele ist auf Sonnenschein versessen. Nun dauert 's nimmer lang, bis alles grünt und blüht. Der Himmel hat ein taubenblaues Band gesponnen und gibt den Sonnenstrahlen frei' Geleit. In allen Kirchensälen lächeln die Madonnen, erwarten sehnsuchtsvoll die feierliche Osterzeit. Schau, wie die Sonne strahlt auf ihre alten Tage! Die Wälder wiegen sich in grüner Harmonie. ... |
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145 | Frühling ... und mehr | |||
Vorschautext: Die Farben sind erwacht - das Gras lebt auf ... und funkelt in der Frühlingssonne wie ein grünes Feuer. Vor Blumenläden stehn in Kübeln weiße Tulpen zum Verkauf; kein Kind glaubt jetzt noch an Gespenster oder Ungeheuer! Auf wilden Wiesen lacht das warme Blau der Veilchen. Ach, Liebster, warte mit dem ... |
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144 | Frühlingssonne | |||
Vorschautext: Gestern lief mir der Frühling übern Weg: Spinatgrün leuchtete sein Haar … und ich erkannte auf den ersten Blick, dass er - nur er - es war. Sein Auge funkelte gar wild, er trug, von buntem Schottenmuster, einen Kilt; ein Kranz aus Champignons und Blumenkohl schmückte den Hals bizarr. „Weshalb geizt du mit Wärme hier auf Erden?“, sprach ich ihn mutig an. ... |
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143 | Du, geh nicht einfach so vorüber ... | |||
Vorschautext: Du, geh nicht einfach so vorbei an den Faltern dieses Sommers - Schau und deute die Zeichen auf ihren Flügeln: fragile Ornamente, Aquarelle Chagalls, gehaucht mit dem zärtlichen Atem seiner Pinsel und den Farben des Regenbogens auf seiner Palette, Erinnerungsbilder von Glücksgefühlen: Irgendwann warst du - was du heut' nicht mehr bist … doch sei gewiss: Alles Gute kehrt zu dir zurück. ... |
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142 | Poesie im April | |||
Vorschautext: Ich mag die wandelbaren Tage, wenn der Nebel fällt und sich in Schwaden gräuliches Gefieder regt ... die Luft, wie sie die blauen Hügel, scheinbar unbewegt, umwirbt, umschmeichelt und beseelt umfangen hält. Auch wenn die Vögel ohne Lieder steigen ... in einen grauen Himmel, trüb und unverstellt, tanzt meine Seele einen Kinderreigen und schaut mit warmen Blicken in die Welt. Ich mag die Frommen – Leute ... ohne Heiligenschein … ... |
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141 | Lesen | |||
Vorschautext: Meine Seele spaziert durch ein Buch wie durch einen Wald. Mein Herz trinkt die Worte, eh sie im Schatten verdursten. Ein Buchstabe purzelt ins Moos, ich hebe ihn auf und puste den Schmerz fort. Unterwegs - ich treffe Worte, die ich kenne und mag; wir grüßen uns freundlich und mit gegenseitigem Respekt: Das erfreut unser Herz und füllt es mit Liebe. Mein allerliebstes Wort darf mich begleiten; es lautet: Frieden. Eine Seite meines Buches ist geknickt; ich erzähle ihr ... |
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140 | Stiller Abschied | |||
Vorschautext: O Mohn dein stilles sanftes Glühn in einer Welt, darin das Laub schon fällt, die Vögel südwärts ziehn, versöhnt den kahlen alten Baum in deiner Näh' und weckt in uns den Wunsch, falls wir den Winter überstehn, nach einem neuerlichen warmen Sommerwehn. |
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139 | Dein Advokat | |||
Vorschautext: Ein Rechtsanwalt hat sich zu plagen mit vielen Sorgen und mit Klagen, mit Akten und Gerichtsparteien, mit Miet- und Ehestreitereien. Kommt dir ein anderer mal zu nah', vertraue der Justizia und geh' zu deinem Advokaten; der wird dich sachgemäß beraten. Hast du durch ihn gar rechtbekommen und bist vor Dankbarkeit benommen: ... |
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138 | Unsere Alten wandern aus ... | |||
Vorschautext: Sie wandern aus, unsere Alten: nach Ungarn, Tschechien, in die Slowakei. Dort sollen noch Pflegeplätze frei und weniger teuer sein als hier, und einige lernen dort sogar noch eine fremde Sprache und/oder spielen Klavier. Auch nettere PflegerInnen soll es dort geben - weil weniger Stress angesagt; es soll sogar schon vorkommen sein, das jemand einen Alten gefragt ... |
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137 | Den Mondweg soll ich gehen ... | |||
Vorschautext: Ich möchte über alle Blätter schweben, die am Boden liegen Geopfert hat der Baum sein eigen Fleisch und Blut Dem Gott, der unerkannt in jedem Stamme ruht Dem Wind, begierig, kahle Äste in den Schlaf zu wiegen. Ich möchte über alle Schatten springen, die das Jahr vollenden Den Segen, der in jedem Sterben weilt, empfangen Indes die uferlose Zeit vorübereilt mit Angst und Bangen Verblühn die Lippen uns, greift Rost nach unsren Händen. Der Winter ist darauf bedacht, die Freud mir zu verwehrn Mich jederzeit auf sonnenwarmen Wiesen auszustrecken ... |
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