Alsterspaziergang im April
Ein Gedicht von
Annelie Kelch
Am Wegrand: ein leckes Boot.
Die Spur des Bilgewassers
versickert dunkel im Sand.
Unter 1000 weißen Segeln:
zwei blutrote – Alsterpiraten.
Ein buntes Kindereis ohne
(Fall-)Schirm wagt den Kopf‑
sprung ins Staubbad des Weges.
Von den besonnten Wiesen herüber
leuchten nackte Bäuche und Beine.
Die Bänke sind auch besetzt.
Auf sandigen Wegen
wuseln Ameisenheere:
fürchten sich vor dicken Wintersohlen.
Blätter, vertrocknet von Braun zu Grau,
knistern wie hauchdünnes Pergament:
Verwesung zwischen knospenden Zweigen.
Ums Brot aus der nackten Hand
streiten sich Enten und Schwäne.
Die Möwen sind auch noch nicht satt.
Weißbirken tauchen
die hitzigen Köpfe ins
(april-)frische Alsterwasser.
Flirrende Sonnenflecken
auf dem Wabenmuster der Wellen
verfolgen mich über die Brücke.
Ich weiß nicht mal, wie spät
es ist, geschweige denn, welche
Pollen heut unterwegs sind.