Titel | ||||
---|---|---|---|---|
81 | Kein Jahr des Lichts? | 10.10.21 | ||
Vorschautext: Kein Jahr des Lichts und wahr ist nichts? Die Seuche weicht? Ist’s bald erreicht? Kein Sinn, der Rest? Nach uns die Pest? Willst so sein, wie? Gelingt dir nie! Bleib, wie du bist, voll Lust, voll List. Heut in der Nacht hab ich gewacht ... |
||||
80 | das Leuchten in mir | 06.10.21 | ||
Vorschautext: wieder gefunden habe ich mich in deinen lächelnden Augen, du fremder Mann in der Bahn, für einen Momente beglückt, doch war es nur der schale Abglanz eines alten Traums von der Glut, die wir spürten, wenn wir uns selig hielten, und ich fühle keine Trauer, keine Reue, kein Bedauern, im Grauen des fahlen Tags sagt mir mein Spiegelbild, nimm dich endlich an wie du jetzt bist, denn es ist gut so, und viel besser als nichts, heute denke ich nicht an die brennenden Erden und auch nicht an dich und verstecke den Schmerz der Ein- samkeit hinter den vorgehaltenen Händen, ... |
||||
79 | Das Maß ist voll | 03.10.21 | ||
Vorschautext: Die Furcht vor Zukunft prägt auch dein Gesicht; das dumpfe Sorgen nimmt uns jede Sicht auf das, was einzig wichtig ist; das Teilen ist jetzt angesagt; doch wer dies auszusprechen wagt, wird laut beschimpft, verflucht, gejagt; aus Angst davor, was uns da droht zeigt sich gebrülltes Wort verroht; wir sind dabei, uns zu zerstören, wird höchste Zeit, nun hinzuhören, um endlich wirklich zu verstehen, so kann es nicht mehr weiter gehen; ich bitte dich, rück nah zu mir ... |
||||
78 | Zeit, die da kommt | 30.09.21 | ||
Vorschautext: morsches Pappelholz klopft zaghaft gegen das Mauerwerk, der Wind will Fugen lockern, und dunkle Steine lassen vergrabene Worte fliegen; die Liebe, die Sehnsucht, der Augenblick, alles ist so unendlich endlich; Abschied nehmende Hände streichen zärtlich über blinde Scheiben, vergilbte Fensterrahmen, du spürst den kalten steinernen Boden mit nackten Füßen und weißt, Schatten haben das Helle herausgeschnitten aus deiner Erinnerung; zögerlich schleichst du ein letztes Mal mit verschränkten Armen durch leere Zimmer, alle Bilder entfernt, deine Stimme formt sich am Ungewissen und kommt nicht über das Flüstern ... |
||||
77 | Glück | 30.09.21 | ||
Vorschautext: In den Höllentraum vom Stürzen in den Abgrund ohne Boden drängt sich plötzlich jene Sehnsucht nach dem Schweben über schmerzgetränktem Leben fern von jeder Art von Toden, wenn wir himmelweit hoch flogen, wenn wir von der Welt abhoben, zärtlich um uns selbst geschlungen leise Sphärisches gesungen von der Hoffnung, dass sie bliebe, unsre zeitbegrenzte Liebe, wenn wir angstfrei jubelnd sprangen auch von allerhöchsten Klippen, fühlt ich mich von dir umfangen ohne nächtlich schweres Bangen, fern vom Leiden und vom Hassen unsre Hände sich umfassen, unsre Lippen, die es wagen, nie gedachte Worte sagen, sehn ich mich zu dir zurück, und der düstre Traum vom Fallen, er zerfließt in purem Glück. ... |
||||
76 | Herbstliches | 23.09.21 | ||
Vorschautext: in Moll erklingen sie, die alten Liebeslieder; das Jahr, es neigt sich wieder und wird langsam rund; nun färben sich der Bäume Blätter bunt; und doch verzeiht, es ist so weit, dass ich es sag, dass ich’s beklag’, zu viele Lebens Weggefährten haben mich verlassen, bevor die Narben falscher Worte ganz verblassen; wir haben über das, was wichtig ist, nicht mehr geredet, nicht mehr gemeinsam für die Welt im Lot gebetet; ich schreibe keine Briefe an mein Gestern, denn was verging, hält keine Botschaften bereit, ... |
||||
75 | freier Fall | 22.09.21 | ||
Vorschautext: nach dem zwölften Schlag des Mitternachtsgeläuts ist Stille in mir für ein, zwei Sekunden, und die alte Zeit fällt über mich wie ein schwarz gewebtes Tuch; wie wir da saßen mit heilen Gliedern und kranken Seelen inmitten unserer inneren Wüsten unter kerzenlos schütterem Christbaum, wie traurig künstlich das Lachen, tonlose Singen, ... |
||||
74 | geträumt | 20.09.21 | ||
Vorschautext: ihr Gewitterwolken; schwarz dräuend ballt ihr euch kopfwärts im verwirrten Traum, furioses Donnergetöse grollend schwebend über vertrockneten Wäldern und monotonen grellgelben Rapsfeldern, die Horizonte begrenzen; einschläfernde Chorgesänge ferner Kindheitstage sind flüsternd erloschen, meine Ohren zischen im Takt der immer näher einschlagenden ... |
||||
73 | Der Genießer (eine Moritat) | 20.09.21 | ||
Vorschautext: Ein netter Mensch, noch gut erhalten, mit ein paar Schrunden, Flecken, Falten, auch wenn das Alter ihn schon beugt, so ist er doch sehr überzeugt, dass er ein Typ ist, ziemlich echt, er ist von männlichem Geschlecht, fläzt sich im Sessel, der ist rot, genießt mit Lust das Abendbrot, Bistecca alla Florentina nach dem Rezept von seiner Nina, dann Nudeln mit Tomatensoße, Serviette knüllt sich auf der Hose, ein Gläschen Roten trinkt er froh, es ist sein Lieblingswein, Bordeaux, ja, und es bleibt nicht bei dem einen, man lebt nur einmal, sollt’ man meinen, dann freut er auf den Nachtisch sich, denn der steht auch schon auf dem Tisch, ein köstliches Tiramisu, Espresso gibt es noch dazu, er reibt vergnügt sich seine Hände und wünscht, es nähme nie ein Ende, doch irgendwann, da ist er satt und fühlt sich nur noch müde, matt, er spürt, er war von Gier besessen, hat wieder mal zu viel gefressen, entsetzt schaut er die Wampe an und jammert kläglich, Mann-o-Mann - mit seinem Frohsinn ist’s vorbei, er sehnt nur noch sein Bett herbei, muss reuevoll sich eingestehen, so kann es nicht mehr weiter gehen, man übernimmt sich beim Genuss und hat am Ende nur Verdruss, er sagt sich selbst, lass Fasten walten und weiß genau, er kann’s nicht halten, er kennt sich schließlich lange doch, ist nicht umsonst ein Hobbykoch. Zum Schluss denkt er, ich bleib’ Genießer, qui mal y pense, der ist ein Spießer ... ... |
||||
72 | Stimmungsloch | 14.09.21 | ||
Vorschautext: Du bereitest dir deine eigene Hölle, klagst über das „Zuviel“ an allem, misst dich mit der größtmöglichen Elle, dabei musst du doch nur dir selbst gefallen; deine unsäglichen Selbstanklagen, dumm sind sie, das will ich dir sagen; über dich lachen, weniger grübeln und aufhören, dir zu viel zu verübeln, deine ... |
||||
71 | vorübergehend | 12.09.21 | ||
Vorschautext: was ich schrieb dachte sprach was ich lebte liebte tat es ist vorübergehend und endlich jetzt spreche ich zu euch und ich weiß dass ihr mich hört von den Wegkreuzungen des Lebens den Umarmungen und glücklichen Augen sich die Liebe zu gestehen mit offener Seele dem Summen der Telegrafenmaste und dem irren Klirren zerberstender Fensterscheiben und ich schüre nicht gelöschte Feuer in mir und in euch mit der Macht heiliger Worte auf dass sie die Wurzeln der Wunden die wir uns schlugen ausbrennen von der Kraft der Träume vom Frieden unserer frühen Jahre ... |
||||
70 | der Geschmack der Erinnerung | 10.09.21 | ||
Vorschautext: noch ist Sommer und Hoffnung, und ich erzähl’ dir, was war, bis ich heiser bin, wenn du so lange schweigst; ein Haus war da, eins mit stets offenen Fenstern und Türen, aus rotem Stein war es, darauf ein spitzes Schindeldach mit großen und kleinen Schornsteinen, die immerzu rauchten, es stand im Hellen, im Grünen, aus und ein gingen viele, die wir liebten, auch ich und du, als wir Kinder waren und heimlich unter dem schwarzen Flügel hockten zur Nachtzeit und lauschten, wie die Einen verzückt musizierten und die Anderen, in behutsames Flüstern gehüllt, mit zierlichen Silberlöffeln ... |
||||
69 | Niemandszeit | 07.09.21 | ||
Vorschautext: in der Niemandszeit des frühen Dämmerns zwischen Tag und Nacht, wenn die grauen Dunkelgeister ihr Wimmern nach Liebe und Wie- derkehr einstellen, die Sterne nicht mehr scheinen, schimmern die Pflastersteine vor der alten Kapelle zwischen Hoffen und Bangen, schmiege ich den Kopf halbwach in die Beuge deiner ... |
||||
68 | Von dem Nebel, der über den Wiesen steht | 07.09.21 | ||
Vorschautext: Wieder ist’s weit nach Mitternacht, mein Tagwerk habe ich endlich vollbracht, krieche sinnierend unters Plumeau und frage mich zweifelnd, bin ich nun froh? Denke ich an die vergangenen Stunden – was habe ich heute getan und gedacht? Kam ich gelassen über die Runden? Bin ich beruhigt für den Rest der Nacht? Konnte den Haustürschlüssel nicht finden, musste mich mit Hausarbeit schinden, ... |
||||
67 | dann wird es gut | 01.09.21 | ||
Vorschautext: hör, wie dein Herz laut klopft im Trommelregen der Trauer, der Angst vor dem Einsamsein und dir den Schlaf stiehlt; die Jahre kannst du nicht umblättern wie ein abgegriffenes Buch, denn diese Seiten, sie kleben fest aneinander, und die Eselsohren, sie sind nicht mehr zu glätten; doch sie sind schön in ihrer Zerbrechlichkeit, schau genau hin; du weißt, was du in schwarzer Tinte geschrieben hast auf reines Papier, es ist unlöschbar und unumkehrbar; nimm ... |
||||
66 | alte Augen | 28.08.21 | ||
Vorschautext: verblassten Konturen die Farben geben, sie neu betrachten, es hilft beim Leben, uns lösen auch aus der Starre der Zeit, erst, wenn wir uns fühlen, sind wir bereit, die Zacken vergilbter Bilder zu streicheln, die alten Augen wollen uns schmeicheln, die vor uns waren, sie schauen uns an, ob mahnend, lächelnd, wir denken daran. ... |
||||
65 | Engel, wenn du ihn suchst | 25.08.21 | ||
Vorschautext: weil’s Schnürsenkel regnet da draußen und mir die Wolken das Licht nehmen, schließ’ ich die Fenster und Türen, sortie- re meine hungernden Schatten und verberge meine Liebe zu dir in sorgsam gefalteten Händen, auf dass sie behütet bleibt und dem Sturm aus Hassworten widersteht; so grau grau der Morgen mitten im Sommer, in dem mir die letzten Schuppen von den Augen gefallen sind und das Vertrauen in das Sichere re, Gute und Zuverlässige sich ins kahle Stachelland ungläub- igen nicht verstehen Wollens verkrochen hat; Julitag, anders als alle Julitage zuvor, das Helle in uns scheint sich dem Dunk- ... |
||||
64 | Welt im Wandel | 24.08.21 | ||
Vorschautext: In fernen Ländern herrscht Hungersnot und mit Sichel und Sense Gevatter Tod, wir sehen es uns in der Tagesschau an, wir spenden - und zünden ein Kerzlein an, seufzen erleichtert, wir sind hier geschützt, das Dumme ist, dass uns dies wenig nützt, das Unheil betrifft den ganzen Planeten, vielleicht hilft uns Hände falten und beten, wann haben wir es endgültig kapiert, dass der Klimawandel auch uns tangiert ... |
||||
63 | in Auflösung | 20.08.21 | ||
Vorschautext: inmitten ihrer Hinter- lassenschaft steht er und betrachtet mit melancholischer Andacht das chaotische Innenleben ihrer barocken Vitrine, diese einst nicht zu berührenden heiligen Schätze hinter stets ver- schlossener Glastüre, die Daguerreotypie des Urahnen, sorgsam vor Licht geschützt, die Vasensammlung aus drei Jahrhunderten, die zierlichen ... |
||||
62 | unsere Schuld | 20.08.21 | ||
Vorschautext: ihr summenden Seelenwände, die ihr mein ängstliches Ich vor Wasser, Sturm und Feuer schützen und die Liebe zu mir, uns und euch bewahren wolltet, mir den aufrechten Gang verlieht, auf den ich so stolz war - zerschellt an Klippen nicht eingehaltener Versprechen von Fortschritt und Zukunft; ohne Schutz vor dem Licht des Tages bin ich und dem Dunkel alter Ängste in mir, vor dem undurchschauba- ren tonlosen Draußen, das man Leben nennt, ... |
||||