freier Fall

Ein Gedicht von Marie Mehrfeld
nach dem
zwölften Schlag
des Mitternachtsgeläuts
ist Stille in mir für ein, zwei

Sekunden, und die alte Zeit fällt
über mich wie ein schwarz gewebtes
Tuch; wie wir da saßen mit heilen Gliedern
und kranken Seelen inmitten unserer inneren

Wüsten unter kerzenlos schütterem Christbaum,
wie traurig künstlich das Lachen, tonlose Singen,
nachdem es ruhig geworden war an allen Himmeln
und die rote Glut in äußeren und inneren Trümmern

endgültig erloschen schien; und man übertünchte
die letzten schwelenden Feuer mit falschem Kalk
und sang mit zitternden Stimmen die alten Lieder
der Zuversicht und Vergebung und verschluckte

Unaussprechliches für immer in der Hoffnung
auf Heilung; schlaflos träumend befinde ich
mich immer wieder im freien Fall und
vertraue darauf, dass du mich auf-

fängst mit der tröstenden Liebe,
auf die ich mich verlasse
auf dem letzten Flug
ins Ungewisse





©M.M.

Informationen zum Gedicht: freier Fall

136 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
2
22.09.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Marie Mehrfeld) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige