Gedichte über den Menschen - Seite 629

Dezembermonat schon sehr kalt,
das Jahr neigt sich dem Ende.
In Schnee getupft der Tannenwald,
Graffiti ziert die Wände.

Das Christkind schläft noch im Geschäft,
noch ist nicht Heilig Abend.
Ein liebestoller Köter kläfft,
das wirkt nicht sehr erlabend!

Die Welt, ein fader Amoklauf
in Glanz der bunten Lichter.
Freund Karstadt lädt zum Massenkauf,
treibt Kummer in Gesichter.

Ein Kind schreit auf: „Ich will, ich will,
ich muß das alles haben!"
Die Mutter kauft im Trance still,
die so erwünschten Gaben.

Ein Obdachloser schwach und krank
er friert an allen Gliedern.
Halbtot sitzt er auf seiner Bank
und will nichts mehr erwidern!

© Hansjürgen Katzer, November 2001

Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort

Ich seh am Horizont, wie ein Wagen naht
Bitte bring mich von hier fort
Oben sitzen Engeln in goldenen Brokat
Bitte bring mich von hier fort

Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort
Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort

Schweiß vermischt sich mit meinem Blut
Bitte bring mich von hier fort
Und sagt mir, es wird alles wieder gut
Bitte bringt mich von hier fort

Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort
Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort

Hebt mich zu euch auf den Wagen rauf
Bitte bringt mich von hier fort
Und nehmt mich in eure Reihen auf
Bitte bringt mich von hier fort

Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort
Fahr sanft kleiner Wagen dort
Und bringe mich von hier fort

Vergebt mir bitte jede meiner Sünd
Bitte bringt mich von hier fort
Dorthin wo wir alle Menschen sind
Bitte bringt mich an den Ort

Damals ging ich meine Straße nachts entlang
Damals schienen mich zwei Autolichter an
Damals stiegen zwei Polizisten aus
Damals fragten sie, was machst du so fern von zu Haus

Damals wusste ich nicht, was das alles soll
Damals zeigten sie mir das Protokoll
Damals hatte ich meine Brille nicht mit
Damals erklärten sie´s mir mit diesem Lied

Du darfst nicht mehr nachts nach draußen gehen
Du darfst nicht mehr deine Freunde sehen
Du darfst nur mehr zu Haus und alleine sein
Und jetzt freue dich auf deinen Rechnungsschein

Damals schien die Uhr des Lebens stillzustehen
Damals durften wir nur Lebensmittel kaufen gehen
Damals holten wir den Mundschutz aus dem Schrank
Damals machte ein Virus die Menschen Lungenkrank

Damals beherrschte er die gesamte Welt
Damals wusste niemand wie lange es anhält
Damals waren alle Krankenbetten besetzt
Damals beschlossen Politiker dieses Gesetz

Du darfst nicht mehr nachts nach draußen gehen
Du darfst nicht mehr deine Freunde sehen
Du darfst nur mehr zu Haus und alleine sein
Also geht und bleibt ab heute daheim

Aus der Nähe, aus der Ferne,
tadelt manches man als Dreck.
Zeigt mit seinem Finger gerne,
auf des Andren, schwarzen Fleck.
Doch zumeist hat man vergessen,
auf dem eignen Weg zu kehren.
So das sich hier währenddessen,
Dreck und Flecken rasch vermehren!

Seine Makel sieht man selten,
fest in Rahmen eingekeilt.
Schön und gut, die eig´nen Welten,
hübsch in Kästchen aufgeteilt.
Niemand mag uns daran hindern,
Fehler anderswo zu suchen.
Um die Seelenpein zu lindern,
auf dem großen Jammerkuchen!

Ach, wir kleinen, armen Seelen,
rasch genährt ist mancher Zwist.
Da den Feuern, die da schwelen,
Dreck und Schmutz entsprungen ist.
Darum sei mit dir im Reinen,
kehr erst mal vor deiner Tür.
Vieles mag dann klarer scheinen,
Mensch bleib Mensch und hab Gespür!

© Hansjürgen Katzer, September 2020