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Gedichte über den Tod - Seite 199


Ein bisschen rot und ein bisschen grau

Wenn du Stimmen in der Leere hörst,
wenn du sie das erste Mal hörst und das letzte Mal spürst,
Wenn du dir selbst in die Augen schaust, in der Obsoleszenz deines Geistes, den du nie gekannt hast, kannst du immer noch wahrnehmen.
Klar und deutlich für einen Moment, dann undefiniert.
Der schüchterne Wahnsinn, den du dort gefunden hast, schien für einen Moment für immer zu verschwinden, und für einen Moment erschien er mit einer absoluten Existenz, und du wolltest ihn verstehen; wie ein Katatoniker, dessen Augen an den Lippen der Zeit klebten.
Kannst du Taubheit definieren?
Aber du konntest dir diese Leere in dir mit nichts anderem erklären.
Als du dich der Versuchung der Gleichgültigkeit hingabst, um die Müdigkeit des Denkens loszuwerden, wolltest du aufhören, die Leichen deiner Erinnerungen zu betrachten, die zwischen den Trümmern lagen, und das Blut des Hasses vergießen, den du im Blick deines Feindes sahst.
Und nun bist du hier.
Ein Nirgendwo, das angekommen ist.
Trocken und sinnlos, als enthielte es die ganze Sinnlosigkeit der Geschichte...

Keiner ist gegangen, und als es noch einen Schritt zu tun gab, ist keiner gegangen.
Das Fegefeuer ist ein Weg, auf dem Schritte gemacht werden, die das Ende nicht erreicht haben; der einzige vertraute Ort der eigenen Fremdheit.
Die Romantik der Asche heißt Leben.
Du bist das, was von dem Feuer übrig ist, das in dir brennt.
Ein bisschen rot und ein bisschen grau.

-Kasisyah Erkan Erarslan


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Mein Brief an Ottilie

Meine geliebte Otti,
ich träumte von einer neuen Realität
In er ich erwache, stärker, größer, wissender.
Du glaubst, wenn ich dereinst aufkomme
Werde ich noch kleiner sein.
Hilflos wie ein Hund in der Erde nach meinem Glück scharren.
Ich habe mich verirrt meine geliebte,
In eine Zukunft in der deine Träume versiegen.
Du hast dich geflüchtet in Intrigen.
Deine himmelsblauen Augen, trüb blickend mich an, sind heute fast grau.
Grau wie der Staub der auf uns liegt.
Mein Körper schmerzt Liebling.
Ich wünsche mir die Freiheit etwaig für uns zum ungebunden leben,
Du baust Mauern, die uns halten, überwiegend gefangen.
Die Geheiße die wir uns selbst auferlegten,
Klemmen in die wir uns selbst zwangen,
Arretiert in unseren eigenen Gewalten.
Ich spreche oft von Kunst,
Deine Violine altert in der Vitrine.
Du verstehst meine Texte nicht,
Mit deinen Worten demütigst du mich.
Du warfst in den Eimer unter der Spüle,
Was ich dir im Vollmond widmete.
Du maskierst mein Weh,
Wenn ich nachts noch an meiner Pfeife zieh.
Ich lausche deinem taktvollen Atem,
Ferner von deinem Bette aus, dein leises Amen.
Du kamst jede Nacht vor mir zu Ruh,
Im Traum liegest du bestimmt auf einem handverzierten Himmelbett,
Nicht neben mir im Stroh auf unserem schmalen Lotterbett.
Im Traum bist du sicher gesünder und gewiss nicht an meiner Seite.
Ich enttäuschte deine Mädchenträume,
Ich war nie gut begütert, gar fürstlich, ja nicht mal sonderlich gutverdienend.
Wir lebten getrennt in einer Liebschaft,
Eine Liebelei in der du dich gefangen fühltest.
Ich brachte stets meine Romanzen aufs Papier,
Du fühltest dich in meinem Leben unmerklich
In einer dunklen Nacht die du stetsfort verschliefst
Sprach dein Vater mit mir
Ich solle von dir gehen, mit mir bringest du dich nur ins Elend
Doch ich mochte unser gemeinsames Heim
In das wir trieben unsern eignen Keil
Und du in letzter Zeit nicht mehr putztest
Indem du nur noch für dich kochtest
Denn warst du so verzagt
Das du streiktest gegen mich
Als du kränker wurdest, ließ ich über Monate das schreiben
Diese Krankheit nahm uns alles
Du blühend wunderschöne Rose
Verblasstest zu knochig kalten Händen
Unser Kind erblickte nie das Licht
Ein Teil deines Lichts erlosch mithin
Du warst seither Gottesergeben
Ich suchte im Glauben vergeben konnte leicht als ungläubig weiterleben
Doch in dieser Nacht betete ich
Gott lass sie leben, deine Engel dir im Himmel ergeben, lass meinen auf Erden weiterleben.
Amen
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