Gedichte über den Menschen - Seite 645

Ahnenerinnerung

Ja, dem Ehrentag der Erinnerung
gilt auch das heiligende Werk,
dem es glingt,
die gegangenen Seelen zu ehren,
die mehr sind,
als Erinnerungsschatten.

Wie sollten Ahnen denn anders
den Lebenden nahe sein,
wenn sie augenlos aus dem Sinn
mit unserer Fraglosigkeit
dem Heute entzogen sind,
uns nicht mehr erreichen?.

Zerstreuen will uns die Zeit,
Ablenkungen haben beschlossen,
dass in die wabernde Tagwelt
mit Verdrängung und Umdenken
das Gewesene verlorengeht,
weil dem Strahlenden wir nachlaufen.

Doch auch wir werden zu den Ahnen gehen,
die sie sich nicht mehr aufmachen können.
Still und anspruchslos ruhen sie im Geviert,
Kein Laut begleitet da ihre und unsere Fragen
Und doch werden wir ihnen nahe sein,
sie mit unserer Nähe beehren müssen.

Was haben sie alles für uns getan?
Wie haben sie uns gefördert, geliebt,
uns in die reale und irreale Welt eingeführt,
dass uns diese nicht mehr übermannen kann
und uns doch Heimat geworden ist
im Streit der Meinungen?

Ihr Tod zwang uns zum Mündigwerden,
Gegangene können uns nicht mehr begleiten.
So werden wir sie mit vielen Spätblumen ehren,
im Gebet ihnen Trost und Auferstehung zusprechen,
sie ehren und würdevoll daran erinnern,
dass sie uns getragen haben.



©Hans Hartmut Karg
2022

*

Hey Du
Falsch verstandener Verstand
Lass die Flügel
Los,
Es existiert nicht mehr
Das Blaue vom Himmel,
Es ist nicht nur
Dunkel
Es
Schreit auch,
Nur noch nach der Stille,
Die uns nicht wegjagt
Von unserer lieben
Barmherzigen Erde,
Deren Flüsse keine Trânen sind,
die in Schmerzen und im Blut vergossen wurden,
Über denen die Drachen kreisen,

Hey Du
Nicht erfüllte Hoffnung
Laß die Herzen sprechen,
Jegliche Rechnung ist Fehl am Platze,
Deren Zerstörung uns alle
Trifft,
Wo
Die Entfernungen
Keine Rolle mehr spielen,
Wir sind alle so nah
Sogar der Atem
Von uns allen
Gegenseitig
Ist zu
Fühlen,
Und
Das Zittern
Ein Ausdruck der Angst
Wittert um unsere Zukunft,

Hey Du
Verleugnete Zeit
Was glaubst du, was Du tust
İn der Heimat der Selbstlosen,
Gewonnen hast du
Bestimmt
Nicht,
Das Ergebnis ist Schönheitsfehler
Sagt zwar einiges
Aber nicht
Alles,
Für das
Was alles
In dieser Dschungel passiert,
Fehlt uns vielleicht die Übersicht
Aber nicht die Konturen
Der Macht,
Eine Art
Eine Zwick/mühle der Menschheit,
In der sie sich mächtig
Kapituliert
Hat...

* Berlin, 09.03.2022 *

Talat Özgen

Angst

Die Angst steht
In den Augen geschrieben
Die Pupillen schreien
Seht her, seht her
Seht die vielen Kinder
Wie sie leiden
Seht die Mütter
Wie sie verzweifeln
Seht die Männer
Die sich trennen
Von Frauen und Kindern

Tapfer ihr Land verteidigen
Vor dem Angriff
Von vernichtenden Geschützen
Entsetzen und Verzweiflung vor Augen
Angst vor einem Autokraten
Eines Größenwahnsinnigen
Einem Irren mit
Seinen Vorstellungen von
Einem großen Reich, seinem Reich
Unter seiner diktatorischen Führung
Um dies zu erreichen, geht er über Leichen

© Ingelore Jung
5. März 2022

In Europa gibt es ohne Frage
viele Gedenk- und Erinnerungstage.
Einen der wichtigsten habe ich unterdessen
in diesem Impf-Test-Genesungsjahr vergessen.
Das Datum an dem Männer nach Blumen schauen,
ist der Tag der Mädchen und Frauen.

Früher mussten wir Schlange stehen,
um mit Blumen nach Hause zu gehen.
Ob die Frau als Fahrerin mit der Taxe flitzt
Oder gerade im Knast einsitzt,
ob sie Sachbearbeiterin ist im Büro
oder Papierverwalter im Bundestagsklo,

ist letztlich immer egal,
wir lieben sie allemal.
Wenn sie bei den Paralympischen Spielen siegt,
als Stewardess nach Australien fliegt,
oder sie Sternenkinder oder Eltern betrauert
die Anerkennung etwas länger dauert.

Ob Kanzlerin, Friseuse, Soldatin oder Melkerin,
ob Tankwart, Torwart oder Verkäuferin,
ob sie Kinder oder Tiere betreuen,
sich sehr über einen Blumengruß freuen.

09.03.2022©Wolf-Rüdiger Guthmann