Der Bissen
Es ward dem mundgerechten Bissen,
Als hätte er schon den Zahn gesehen,
Der schon zum Beißen wollte gehen,
Speichel hatte ihn da längst umrissen
Mit dem Starren gelüstiger Menschenaugen,
– Selig der Gaumen, Magen, Darm,
Als wär' ohne Essen das Leben arm! –
Wollte der Leib nur noch den Magen vollsaugen.
Da merkte doch dieser arme Bissen bald,
Dass er das Opfer denn werden sollte,
Was er für sich so ja gar nicht wollte,
Denn der Genuss lebt auch von Gewalt.
Also strengte er sich sehr an
Und konnte sich dadurch auflehnen,
Indem er verkrampfte eigenes Sehnen,
Weil mancher Esser nicht länger warten kann.
Und als dieser kräftig zugebissen,
Fühlt' sich das an, als wärs Granit!
So bekam er kein Stückchen Gutes mit,
Hatt' sich den Zahn gar rausgerissen!
Wenn sich ein Opfer richtig wehrt,
Weil Wissen zum Vernunftgrund reift,
Den Täter die ganze Härte ergreift,
So ist dem Opfer Rettung beschert...
©Hans Hartmut Karg
2021
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