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Gedichte über Einsamkeit - Seite 65


Gut und dir?

ein Blick in meine Seele reicht
meine Antwort auf ihre Message ein vielleicht
ganz tief im Fleisch auch Traurigkeit
hilft kein Foto, von ihrem Abendkleid

auch ich hatte Tage mit Teer in der Lunge
beim Zahnartzt mit fünfzehn verfärbte Zunge
in der Jugendpsychatrie hat's schon früh gekracht
die Alltagsdrogen haben mich stationär gemacht

wie musst du dich gerade nur fühlen
ich kann den Schmerz seit Jahren spüren
uns eint so viel verlorene Lebenszeit
durch mangelnde Transparenz und Ehrlichkeit

ein wichtigen Schritt hast du geschafft
am Tiefpunkt deiner Exzistenz
den Teufel im Spiegel, nein gesagt und Ihn Angelacht
froh wirst du nicht, durch Lügenimage im dicken Benz

Menschen wollen wir helfen
getrieben durch Schmerz, das ist ehrlich und selten
zu wissen, wie es ist wenn Musik dich nicht glücklich macht
das Klavier hören, Einaudi mitten in der Nacht

Schild aufsetzen und stark rausgehen
mit Bekannten von damals an der Ampel stehen
kühl Lügen und herzlich sein
Blickkontakt mit Ihnen, ein Prüfstein

für mich wirken Sie Leer
rote Pfütze vom Verkehr
geheult haben Sie, ein ganzes Meer
schmerz in deren Augenlicht
Ihre Pillen geschmissen, gestern hacke Dicht

Sie lacht und redet mit mir
ich lost am Tagträumen, als hätte ich fünf Bier

Ich will den Schmerz bereden

iwie so - du kannst dir sicher sein
hey - hiermit bist du nicht allein
ich fange mir auch jeden Tag ne Kugeln ein
meine mund still, ihr Lachen schwindet
was zurück an Realität bindet

Doch ich fresse den Mut in mir
ich Idiot habe die Emotion Wut in mir
spüre mal Was, gegensatz zum Alltag hier
ich habe Angst vor mir
ich denke mich in Rage

meine Antwort auf Ihre Frage
mir geht es gut...
und dir ?
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Oma, was ist eigentlich Einsamkeit?

Als ich neulich bei meiner Oma war, traf ich sie zusammengesunken und gedankenverloren auf der Couch sitzend an.
Ihre rechte Hand war ausgestreckt und streichelte die Stelle, auf der Opa immer gesessen hat.
Opa ist nun schon 13 Jahre tot.
Sie schaut mich an und mir ist, als ob ihre Blicke durch mich hindurchgehen.
Mit leiser Stimme und Tränen in den Augen spricht sie zu mir:
Ach Kind, die Einsamkeit bringt mich noch um.
Ich schrecke zusammen, setze mich zu ihr auf die Couch, nehme sie in den Arm und frage etwas unbeholfen:
So schlimm?
Und mehr mich als sie fragend, kommt aus meinem Mund:
Was ist eigentlich Einsamkeit?
Warum tut sie nur so weh?
Sie schaut mich an und lächelt ein wenig.
Schön, dass du fragst, sagt sie nun.
Ich wollte den Zettel eigentlich schon zerreißen, aber nun kann ich ihn dir ja doch mal zum Lesen geben.
Sie steht auf, holt aus der obersten Schublade ihrer Kommode einen kleinen zusammengefalteten Zettel und gibt ihn mir.
Ich falte ihn auseinander und lese:
Sich verzweifelt in grausam schmerzender Leere nach anderen suchend befinden, um dann doch nur ungewollt nach und nach wie ein Ertrinkender im Ozean der eigenen Tränen auf den Boden zu sinken, aber auch dort den Kampf gegen die Einsamkeit noch nicht aufgegeben und mit letzter Kraft die Suche fortsetzen, ohne zu wissen, dass es keine reale Chance gibt, in der Einsamkeit auf irgendjemanden zu treffen.
Stattdessen sich irgendwann unbemerkt mehr und mehr verlieren, bis man nicht mehr zu sich selbst findet.
Geschockt lasse ich den Zettel in meinen Schoß sinken und schaue meine Oma an.
Nach einer Weile kann ich nur die Frage: So schlimm? an sie richten.
Ja, mein Kind, so schlimm, antwortet sie.
Wir sitzen noch eine ganze Zeit schweigend nebeneinander.
Dann sage ich: Oma, schön, dass du noch da bist.
Ihre Augen verlieren den leeren Blick und strahlen mich an.
Wirklich?, fragt sie ungläubig.
Danke, mein Kind, dass du das zu mir gesagt hast.
Weißt du, in der Einsamkeit kommt man sich so überflüssig vor. Das ist das Schlimmste.
Ach, Oma, du hast Opa aber auch immer ziemlich verwöhnt. Wie wäre es, wenn du dich jetzt mal etwas verwöhnen lassen würdest.
Sie kichert, aber Kind, das geht doch in meinem Alter nicht mehr.
Gleichzeitig bekommen ihre Augen jedoch einen schelmischen Hauch, fast wie die Augen eines kleinen Kindes, das gerade den Eltern einen Streich gespielt hat, so, als ob Oma nun ihrem Schicksal einen Streich spielen wolle.
Als ich mich letzte Woche wieder zu einem Besuch bei ihr anmelden will, höre ich sie am Telefon sagen:
Tut mir leid, aber da bin ich mit meiner alten Schulfreundin, die sich zufälligerweise nach unserem letzten Treffen bei mir gemeldet hat, für ein paar Tage am Meer im Wellnesshotel.
Ich freue mich für sie und meine nur:
Siehst du, dem Schicksal zu entkommen ist keine Altersfrage.
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