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Gedichte über das Alter - Seite 66


Die Rollatoren.

Man kennt sie die Alten,
ich meine die ganz Alten, die, wenn sie an die Luft gehen wollen,
mit ihrer Körperlast auf vier Rädern rollen.
Festgehalten an den Griffen,
die dem Gleichgewichte nützen, um sich sicher drauf zu stützen.
Das durchdachte Ding lässt sich faltend transportieren,
erlahmte Kräfte aktivieren.
Im Notsitz verschnauft, kann man wieder erstarken,
überall, zu jeder Zeit auf einer Briefmarke parken.
Nun denn, wer diese Spezies gesehen hat -
und selber schon der Achtzig naht,
überdenkt seine Befindlichkeiten,
sieht sich noch fit, und ist bei weitem
nicht gewillt, sich so der Öffentlichkeit zu präsentieren,
er sträubt sich, will mit dem Stock kaschieren,
was noch aussieht wie flanieren.
So gesehen, mein geliebter Gatte,
dem ich widersprochen hatte,
und….weil ich ihn auf dem Catwalk sehen wollte,
er grollend mit den Augen rollte.
Ich, mit Arthrose, noch halbwegs gesund,
gab es auf, hielt lieber den Mund.
Eines Tags, als wir in Hamburg waren-
und wir keine einzige Bank dort sahen,
das Auto geparkt in weiter Ferne,
da hätte er sich gesetzt so gerne.
Peinlich musste er mich dann bitten,
worüber wir so oft gestritten:
„ Schau` ins Internet geschwind,
wo Rollatoren zu haben sind.“
Gut, das Ding stand dann viele Wochen,
darüber wurd` kein Wort gesprochen.
Als ob er`s nicht selber wüsste`,
gar wackelig ist schon sein Gerüste,
die Statik labil und brüchig,
der ganze Stolz ist überflüssig.
Nun bekennt er sich endlich, der Skorpion,
zu den Griffen am Rolli, die halten ihn schon.
Meist sind die Räder schneller als er,
dann muss er schleunigst hinterher,
um wieder Sicherheit zu gewinnen:
Das Spektakel des Rollators kann beginnen.
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Migrantensommer

Ein Sommerabend senkt sich über den kleinen Ort.
Kein Windhauch treibt die Hitze des Tages fort,
wo in engen verwinkelten Plätzen und Gassen
Haus an Haus sich drängt zwischen Asphaltstraßen.
Noch am Abend dringt aus der Steine Meer
die Sonnenhitze des Tages her.
An einem der Häuser, gleich neben dem Tor
sitzt eine alte Frau davor.
Ein Kopftuch bedeckt ihr ergrautes Haar.

Um sie herum tobt eine Kinderschar.
Schwarze Augen schauen her zu mir
voller Neugier, sind eben Fremdlinge hier.
Nur auf dem Stuhle vor der Wand,
die alte Frau, regt keine Hand.
Die Hände liegen auf ihrem Schoß verschränkt.
Woran sie an diesem Abend wohl denkt?
Denkt Sie an die Sommer in dem südlichen Land
wo einstmals das Haus ihrer Eltern stand?
Vielleicht zwischen Bergen in einem südlichen Tal
wo auf Trockenweiden Schafe ihr karges Mahl
unter der Sommersonne gefunden
in den kühlen Abendstunden.

Oder lag es vielleicht am Meer hinterm Strand
wo Fischer am Abend ihre Netze gespannt?
Vielleicht wuchs auch gleich beim Haus ein Hain
von Olivenbäumen zwischen Reben für Wein.
Wo immer ihr Elternhaus auch stand,
ein tiefblauer Himmel hat es umspannt.
Doch dann kam ein Krieg. Zerstörte den Ort
ihrer Kindheit, so zog sie im Alter noch fort
mit den Kindern in ein nördliches Land,
wo Sohn oder Tochter neue Arbeit fand.
Sie, die inzwischen viel Jahre alt
sitzt nun hier zwischen Stein und Asphalt
Vielleicht träumt sich sich in ihre Kindheit zurück
in ihr freies südliches Sommerglück!

Alke Bolte 2010
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