Migrantensommer

Ein Gedicht von Alke Jeskulke
Ein Sommerabend senkt sich über den kleinen Ort.
Kein Windhauch treibt die Hitze des Tages fort,
wo in engen verwinkelten Plätzen und Gassen
Haus an Haus sich drängt zwischen Asphaltstraßen.
Noch am Abend dringt aus der Steine Meer
die Sonnenhitze des Tages her.
An einem der Häuser, gleich neben dem Tor
sitzt eine alte Frau davor.
Ein Kopftuch bedeckt ihr ergrautes Haar.

Um sie herum tobt eine Kinderschar.
Schwarze Augen schauen her zu mir
voller Neugier, sind eben Fremdlinge hier.
Nur auf dem Stuhle vor der Wand,
die alte Frau, regt keine Hand.
Die Hände liegen auf ihrem Schoß verschränkt.
Woran sie an diesem Abend wohl denkt?
Denkt Sie an die Sommer in dem südlichen Land
wo einstmals das Haus ihrer Eltern stand?
Vielleicht zwischen Bergen in einem südlichen Tal
wo auf Trockenweiden Schafe ihr karges Mahl
unter der Sommersonne gefunden
in den kühlen Abendstunden.

Oder lag es vielleicht am Meer hinterm Strand
wo Fischer am Abend ihre Netze gespannt?
Vielleicht wuchs auch gleich beim Haus ein Hain
von Olivenbäumen zwischen Reben für Wein.
Wo immer ihr Elternhaus auch stand,
ein tiefblauer Himmel hat es umspannt.
Doch dann kam ein Krieg. Zerstörte den Ort
ihrer Kindheit, so zog sie im Alter noch fort
mit den Kindern in ein nördliches Land,
wo Sohn oder Tochter neue Arbeit fand.
Sie, die inzwischen viel Jahre alt
sitzt nun hier zwischen Stein und Asphalt
Vielleicht träumt sich sich in ihre Kindheit zurück
in ihr freies südliches Sommerglück!

Alke Bolte 2010

Informationen zum Gedicht: Migrantensommer

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11.08.2013
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