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Gedichte über das Alter - Seite 5


Der greise Schritt

Anfangs ist es Vergesslichkeit die amüsiert,
was hie und da mal so passiert,
wenn man kopflos aus dem Haus geeilt,
ziemlich lang im Kaufrausch weilt,
getroffen wird von jähem Blitze,
das Blut, es lodert hoch zur Hitze,
sich überhaupt nicht sicher ist,
ob die Herdplatte aus ist oder nicht.
Oder: Ist der Stecker auf dem Bügelbrett lose,
hat man ihn rausgezogen aus der Dose?
Ob Kontrollzwang oder nur Unachtsamkeit,
meist ist der Altersweg noch weit.
Anders die Krankheit, die wir beim Namen nennen,
die Gedächtnisstörung, die wir kennen,
die man bemerkt, erst in kleinen Schritten,
nach kurzer Zeit ist sie fortgeschritten.
Es beginnt, wenn er, der Gemeinte, einen Hergang nicht mehr erklären kann,
Termine verwechselt, wo und wann,
und wenn alle reden und er bleibt stumm,
ihn kaum interessiert das Drumherum.
Da viele Stimmen er nicht mehr duldet,
meint er, das sei seinem schlechten Gehör geschuldet.
Kein Tischgespräch findet mehr statt
er löffelt bis er satt,
lächelt mir noch lieb zu,
dann geht er in die Mittagsruh.
Ich kann mit ihm nicht diskutieren,
er lässt sich überhaupt nicht kritisieren.
Die Wesensveränderung lässt sich nicht beheben,
wir lieben uns trotzdem und müssen damit leben.
Er braucht mich wie das tägliche Brot,
ich bin seine Stütze in der Not.
Den Ausgang kann man nicht manipulieren,
auch mir kann dasselbe passieren.
Das Alter ist eine riskante Lebenszeit,
zum Glück sind wir beide noch zu zweit und können einander noch ALLES geben.
Was sagte der Wortkarge soeben?
„Du bist meine Liebe, ich könnt ohne dich nicht leben.“
Lassen wir uns vom Schritt ins greise Alter treiben,
was Andres wird uns nicht übrigbleiben.
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