Gedichte über das Alter (Seite 42)

Im kühlen Schatten

Mit vielen Sommern auf der fahlen Haut
lässt es sich träge träumen
im kühlen Schatten unter Bäumen.
Nur heißer Atem rieselt durch das Laub.

Die Zeit liegt willig hingeschmolzen
dem Sommerherr zu seinen Füßen -
als gäb’s für sie nie wieder morgen,
lässt sie zur Neige sich ergießen.

Doch mit ihr geh’n so viele Träume!
Des Sommers Lebenshunger ist gestillt.
Längst warten schon ganz andre Räume,
die ewig kühlem Schatten sind gewillt.

Wer kennt das nicht

Abgespannt und ausgebrannt,
verspannt und wutentbrannt.
Überspannt und aberkannt,
verbannt und verbrannt.

Entspannt und bekannt,
ausgekannt und gerannt.
Anerkannt und verkannt,
benannt und altbekannt.

Gebannt und ernannt,
durchgebrannt und umbenannt.
wiedererkannt und ausgespannt,
angespannt und allbekannt.

abschied von lebenswegen

jahre zerfallen
in staub und asche
beim heimkommen

erstickt das freudige
bellen des hundes
unter den wurzeln

erkaltet der tröstende
blick der weisen katze
in modriger höhle

verstummt das fröhliche
lachen im dröhnen
rythmischer klänge

jetzt brökeln die mauern
an den rissen des grundsteins

die treppen fliehen
ächzend vor mir in
lebendigere zeiten

der ton der klingel
fällt rostig blechern
in leere räume

aus der mündung
des schlosses knarrt
schmerzhaft der schuss

in verharrende stille
beim heimkommen
mich fröstelt’s

und die vier krähen im baum
krächzen verzerrt mein klagelied

Omas Freiheit

Oma fühlte sich eingesperrt,
sie hat sich dagegen gewehrt.
Schlich sich heimlich davon,
wollte zu ihrem geliebten Sohn.

Man fand sie erschöpft am Familiengrab,
sie wusste nicht mehr, dass er starb.
Wollte nur ihrem Mann Bescheid geben,
sagen:" Ich beginne ein neues Leben."

Sitzt nun weinend im Schaukelstuhl,
denkt, es ist nicht gut,
all meine Lieben sind längst gegangen,
nur ich bin hier im Alleinsein gefangen.

Gedichte über das Alter - Seite 42

Im kühlen Schatten

Wer kennt das nicht

abschied von lebenswegen

Opas Flucht...

Omas Freiheit