Gedichte über Vergangenheit - Seite 75

Die Stimme der Gegangenen

Sie hatte gern in dem neuen Hause gelebt,
Vorbereitet auf die nächsten Ruhejahre,
War mit ihrem Liebsten darum bestrebt,
Dass man sich den Garten nichts spare.

So sehr hatte sie sich auf die Rente gefreut,
Mit ihrem Ruheständler das Haus renoviert.
Niemals hat sie ihr großartiges Leben gereut,
Söhnen und dem Mann den Haushalt geführt,

Zwei Kinder großgezogen, gefördert, betreut,
Doch die lebten mit Familien längst in der Fremde.
Sie haben ihren Neubau im Alter nicht gescheut,
Waren stolz auf den Ertrag fleißiger Hände.

Die Frau sang manchmal auf dem Balkon ein Lied,
Auf das Geländer flog ihr ein Braunkehlchen zu
Und imitierte dann bruchstückhaft Melodie und Lied,
Da gab es für sie tiefen Frieden und selige Ruh'.

Doch die Frau hat plötzlich Krebs bekommen,
So dass sie nach ganz kurzer Zeit verstarb.
Ihr Mann hat sich eine andere Frau genommen,
Das Haus verkauft, das ein andrer erwarb.

Doch das Braunkehlchen kam immer wieder geflogen
Und suchte vom Geländer aus mit seinen Blicken,
Die ihm mit Frauenstimme gaben herrliche Lieder,
Unverkennbar, doch da war nichts mehr zu schicken.

Es gab ja der Gegangenen Stimme nicht mehr,
Die jetzigen Besitzer waren vollkommen singfrei.
Wann immer das Vögelchen schwirrte daher
Blieb den Menschen das Tierchen daher einerlei.

So tragen vielleicht oftmals singende Tiere
Das Erinnerliche tief in sehnendes Behalten.
Doch wenn niemand mehr Vergangenes weiterführe,
Kommt das Ereignis des Gelebten langsam zum Erkalten.


©Hans Hartmut Karg
2023

*

Summer days and not a slightly sign of haze,
Playing in the woods with a smile in our face,
Cheering birds n´ cloud free sky,
Not wasting a thought that this could once die.

Screaming, laughing we´ve had it all,
Always together just give it a call,
The mindset so uncomplicated and light,
The future´s together and with you it´s bright.

It all goes so fast, times in a hurry,
We´re drifting apart is there a reason to worry?
Clouds appear a thunder is near,
Where´s the childhood, wasn´t it right here?

You and I that´s all that mattered,
But that was once and now it´s shattered,
Realizing the journey ends might suck,
But we´ve got to accept and set it a cut.

Different decisions and choices were made,
Still calling it a friendship that would be fake,
Glady for every hour we´ve had,
Our ways will split but there´s no need to be sad.

Wishing you nothing but the best,
Life goes on we shall give it a rest,
For you and me this might be an end,
But look closely around n´ you´ll find a new rescuing hand.

Auf der Suche nach dem Erzeuger

Früher tabuisierte man solche Schwangerschaften,
Welche von ledigen Frauen auszutragen waren,
Denn die Gesellschaft wollte für Schande nicht haften,
Mit Schweigen musste man alles bei sich bewahren.

Mit dem Tabu fragte nach Jahren keiner mehr danach,
Wer wohl Vater des neugeborenen Kindes.
So überdeckten Familien gemeinsam die Schmach:
Das Kind war kein Zeichen des Götterwindes!

Heute wollen Kinder schon sehr genau wissen,
Wer ihr leiblicher Vater und wohl ihr Erzeuger,
Warum sich Menschen getrennt, sie sich nicht missen,
Obgleich sie doch geliebt – ohne Herzensbeuger?

Und so fragen sie, um von sich mehr zu erfahren,
Wer das ist und wer das wirklich war,
Von dem sie ererbt Augen, Farbe von Haaren,
Leib, Seele, Geist – und was wunderbar...

Denn sich selbst verstehen kann der Mensch nur,
Wenn er etwas erfährt von den Eltern, den Ahnen,
Wie diese lebten, wie deren selbstische Natur,
Um sich eigene Schritte ins Leben zu bahnen.


©Hans Hartmut Karg
2023

*

Gestern
war es der Rausch
im Alkohol
Heute bollert es
im Schädel

Gestern
war es der Rausch
der Gefühle
Heute weint
die Seele

Gestern
war es
das Heute
Heute ist das Gestern
Vergangenheit

Gestern
war die Zeit
für heute gekommen
Heute hat die Zeit
vielleicht das Morgen gezeigt

Gestern
habe ich überlebt
Heute lebe ich
bin für morgen
bereit.

© 05.05.2023 by Ede