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Gedichte über Vergangenheit - Seite 62


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Selbstverletzung eine schlimme Sucht

Wenn ich mir wehtue, dann geht es mir gut.
Mit den Schmerzen steigt mein Lebensmut.
Es fängt damit an, dass ich unruhig bin.
Keine klaren Gedanken sind in meinem Sinn,
nur der Gedanke, dass ich Herr über meinen Körper bin.
Die Rasierklinge nehme ich zur Hand.
Dies Schauspiel ist mir so bekannt.
Ich ritze die Haut und es tut gut.
Befriedigt sehe ich das Blut.
Ich fange einen Tropfen auf.
Die Schmerzen nehme ich gern in Kauf.
Sie zeigen mir, dass ich wirklich lebe.
Auch wenn ich mir die Narben nie vergebe,
auch wenn ich mir vornehme, ich lasse es sein,
bin ich gegen das Ritzen nur machtlos und klein.

Nein, ich sprach niemanden darauf an,
weil mich sowieso keiner verstehen kann.
Ich kann auch keine Erklärung abgeben.
Es gehört einfach irgendwie zu meinem Leben.
Mein Arm ist von Narben übersät.
Für mich kommt sowieso jede Hilfe zu spät,
weil ich in dieser Situation nicht denken kann,
weil ich mein Handeln dann nicht lenken kann.
Ich spüre, morgen fang ich wieder an,
auch wenn ich es eigentlich gar nicht will.
Erst nach diesem Ritzen, da werde ich still.
Dann kehrt plötzlich Ruhe in mir ein.
Dann bin ich stark und nicht mehr so klein.
Aber trotz allem bin ich allein.

Manchmal habe ich zu fliehen versucht.
Manchmal habe ich mich selber verflucht.
Jetzt aber denke ich, so bin ich eben.
Das Ritzen ist ein Teil von meinem Leben.
Irgendwann einmal lass ich es bleiben,
werde mir sinnvoll die Zeit vertreiben.
Bis dahin lasst mich bloß in Ruh,
denn Ritzen gehört bei mir dazu.

Zum Glück habe ich diese schlimme Zeit überstanden
und mache mir darüber keine Gedanken.
Jetzt bin ich frei von dieser schlimmen Sucht
und bin froh das ich es nicht mehr machen muss.
Das einzige was bleibt,
es bleibt ein Teil
von meiner Vergangenheit.
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