Gedichte Über Unheil - Seite 29

Das naive Wesen

Das naive Wesen denkt sich die Welt nur schön,
Denn so entlastet es stets sein Gemüt.
Man muss damit nicht mehr in medias res gehen,
Sondern schlendert leichthin zum Gestüt.

Man streichelt Tiere, geht zum eigenen Pferd
Und reitet aus – alles für die Gesundheit.
Man bereitet sich Pasta mittags am Herd
Und glaubt, so lebe man aus seine Freiheit.

Verdrängung mag zwar der Seele nützend dienen,
Doch sieht man noch auf der Menschen Zukunft,
Wenn weltweit Kriegsgeräte auf den Schienen
Und Tyrannen leben aus die Unvernunft?


©Hans Hartmut Karg
2024

*

frühmorgens tropft Nebel
in graue Leere
weint eisige Tränen
in dunkle Schwere

mit lautem Wehklagen
fliegen die Raben
in Eile, in Scharen
sie tragen den Tod
im schwarzen Gewand
sie tragen ihn fort
und meine Seele davon
als sollte sie hin
an einen anderen Ort
doch lassen sie mich
im Schrecken hier
und tragen den Tod
in Eile zu dir

spätabends tropft Nebel
in dunkle Schwere
weint blutige Tränen
in die tote Leere


*für meinen Sohn

Es gibt wirklich Leute

Es gibt wirklich Leute,

Bei denen laufen bei 30 Grad Celsius
Die Heizungen im Haus heiß,
Obgleich niemand duscht
Und fast alle außer Haus sind.

Der Boiler explodiert fast,
Die Fenster leicht geöffnet,
Ein Ventilator läuft,
Das Heizöl stinkt.

Nur eine einzige Person
Sitzt im Garten und trinkt Wasser.
Nichts deutet darauf hin,
Dass sie das Heizen bemerkt.

Hoffentlich fällt ihr und uns
Nicht noch mehr auf die Füße,
Was wir an Fahrlässigkeit
Bei Hitze versäumen!


©Hans Hartmut Karg
2024

*

Es gibt schon die Zensur

Alles ist bei uns erlaubt,
So denken viele naive Geister.
Zensur sei alt und längst verstaubt,
Deshalb braucht es nicht mehr den Meister.

Schaut man danach sich um im Netz,
Ist dies scheinbar ja meist der Fall:
Anonym gibt es zwar viel Gehetz,
Doch Freiheit erscheint uns überall.

Leider muss man auch erkennen:
Manch' Wertvolles wird abgewürgt.
Man darf Offenheit seltener bekennen,
Was einst dem Nutzer frei verbürgt.

Urteil und Neid bleiben geweitet,
Es gibt sie da schon, die Zensur,
Indem man Gutes oft nicht leidet,
Stigmatisiert zur Seelenmensur.

Angeblich wird Fairness gelebt,
Doch Wertvolles oft nicht verbreitet:
Man ist und bleibt da sehr bestrebt:
Gutes wird ins Abseits geleitet.


©Hans Hartmut Karg
2024

*

Die Verzweifelten

Die Verzweifelten erhoffen sich immer einen Gott,
Der sie aus ihren Zwängen führen kann.
Jeder Mensch will sein Leben und keinen Tod,
Ist also gegen Angst und gegen Kriegswahn.

Oft können sie nichts unternehmen dagegen,
Wenn sie den Rattenfängern nachlaufen,
Sich überhaupt nicht mehr von der Stelle bewegen
Und der Propaganda alle Lügen abkaufen.

Man müsste schon selbst aktiver werden,
Damit man erreicht, dass es besser wird,
Nicht immer kommen mit eigenen Beschwerden
Und nur Ausschau halten nach Hilfe und Hirt.


©Hans Hartmut Karg
2024

*