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Gedichte über das Schicksal - Seite 283


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Der junge Tod und die Schäferin

Der Mann mit dem Skelettenstock,
was schaut er denn so dreiste?
Sein düst'res Kleid vom Altbarock,
geht über seine Leiste.

Am Hosenbund da baumelt was:
So kleine Lederbeutel.
Die Stiefelschäfte glänzen nass;
und windzerzaust sein Scheitel.

Er sitzt wie Aristoteles,
auf einem Felsgesteine.
Und denkt auch nichts verbotenes;
und gähnt nur ganz alleine.

Da geht verträumt des Wegs dahin,
mit ihrer sanften Herde:
die schlanke, blonde Schäferin;
und summt zu Mutter Erde.

Da hört der junge Tod sein Herz,
wie's klappernd schlägt am Knochen.
Es schlägt so schön, im Takt vorwärts,
als hätt' es Lust gerochen.

Die Schäferin grüßt gottverläßlich:
"Mit dir sei, ein langes Leben!"
Der junge Tod, er lächelt schwächlich;
und haucht nur: "Zu lange eben."

Dann holt er aus dem Lederbeutel,
nur einen silberreinen Stoff.
Nimmt einen Schluck, aus hölz'nern Seidel:
und lächelt fast, jugendlich straff.

Die Schäferin legt sich darnieder,
neben ihr der Hirtenhund.
Der junge Tod streckt seine Glieder,
flüstert: "Du bleibst lang gesund."

Am Horizont sinkt schon die Sonne,
da wacht die Schäferin erst auf.
Und stumm vorbei geht eine Nonne.
Sie kommt zurück vom Tageskauf.

Die Schäferin, sie schaut verwundert
und sieht zu ihren Schafen.
Die Schafe, noch sind's keine hundert;
und blicken blau verschlafen.

Die Schäferin tut sich erfrischen,
mit einem Blatt vom Baume.
Ein frisches Schaf blökt in den Büschen.
Die Schäferin nascht Pflaume.

Der junge Tod, er ist schon weiter,
muss schneidend seine Arbeit tun.
Er ist nun mal der Lebensschneider,
von Mensch und Maus und Blatt und Huhn.

Jetzt blökt es nochmal. Jung geboren.
Schäferin durchtrennt die Schnur.
Hundert Schafe und Amphoren -
Und Sand rinnt durch die Zeitenuhr.
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