Heut geht’s um das Zwerglein Purzel.
Es wohnt in einem Haus aus Wurzel.
Ein Wildfang ist der Hosenmatz
und häufig gibt es bös Rabatz:
Denn Purzel tut so manche Sachen,
die seine Eltern traurig machen.
Das Zwerglein ist hellauf begeistert:
Schau, wie er mit Holzleim kleistert!
Ist ein Bastler, wie sein Vater,
leider macht Mama Theater.
Der Teppich – versaut! Wer ist`s gewesen?
Dem will sie die Leviten lesen …
„Halt, Purzel! Die Händ in die Höh!
Ist das etwa Klebstoff, was ich seh?“
Drauf Purzel – was fällt ihm ein? –
schaut wie ein Unschuldslämmchen drein:
„Nein, das tat ich nicht.
Nein so war das nicht.
Das war ganz anders!“
„Wirklich?“, seufzt Mutter und rauft sich das Haar
und lässt sich erzählen wie’s angeblich war.
Purzels Eltern gehen aus,
das Zwerglein ist allein zu Haus.
Kaum sind alle beide fort,
denkt der Knirps: Ich mach Sport!
Wild hüpft er im Kreis herum,
reißt dabei das Radio um.
Als die Eltern wiederkehren
ha’m sie Grund sich zu beschweren.
Der Vater schimpft: „Du wilder Bengel!“
Doch Purzel spielt den Unschuldsengel:
„Nein, das tat ich nicht.
Nein so war das nicht.
Das war ganz anders!“
„Wirklich?“, seufzt Vater und rauft sich das Haar
und lässt sich erzählen wie’s angeblich war.
Purzels Oma ist sehr stolz
auf ihr Teeservice aus Holz.
Gut geschützt steht es im Schrank,
Großmama denkt: Gott sei Dank
kann ihm hinter diesen Türen
absolut gar nichts passieren.
Unser Purzel hält sehr viel
von dem Kohlkopf-Fußballspiel,
was er bei starkem Regenguss
wohl im Hause spielen muss …
Rumms! Schon liegen lauter Trümmer
quer verstreut im ganzen Zimmer.
Schon schnauft Großmama heran
und blickt Purzel strafend an.
Dieser aber guckt ganz groß
zuckt die Achseln und meint bloß:
„Nein, das tat ich nicht.
Nein so war das nicht.
Das war ganz anders!“
„Wirklich?“, seufzt Oma und rauft sich das Haar
und lässt sich erzählen wie’s angeblich war.
Purzel interessiert sich doll
für den Kühlschrank wenn er voll
und gut gespickt mit leck’ren Sachen,
die großen Appetit ihm machen:
Blätterkäse, Rindenwurst
Nebeltau gegen den Durst.
Probiert mal hier und nascht mal dort,
mit dickem Bauch schleicht er sich fort …
„Wer hat die Tür nicht recht geschlossen?
Das Eis ist zu ´nem Brei zerflossen!
Purzel, hast du was zu sagen?“,
hört er Opa ganz streng fragen.
Als ob er kein Wässerchen trüben kann
schaut Purzel den Alten lächelnd an:
„Nein, das tat ich nicht.
Nein so war das nicht.
Das war ganz anders!“
„Wirklich?“, seufzt Opa und rauft sich das Haar
und lässt sich erzählen wie’s angeblich war.
Gesines Schminkzeug ist der Hammer!,
denkt sich Purzel, welch ein Jammer
dass ich so etwas gar nicht habe,
denn es hat ’ne tolle Farbe.
„Ganz wie gemacht für meine Zwecke“,
sagt er, sucht in jeder Ecke
von Gesines Borkenkist’,
wo das Zeug zu finden ist.
Und zügig schnappt sich unser Purzel
den roten Lippenstift aus Wurzel.
Aufgebracht naht die Gesine
mit total verdross’ner Miene,
(denn sie fand ihr Lippenrot nicht dort,
wo eigentlich sein rechter Ort)
stutzt ob Purzels roten Händen
und dem Geschmiere an den Wänden:
„He da, Knirps, ist das dein Werk?
Gib Antwort mir du frecher Zwerg!“
Purzel zieht ’ne Unschuldsmiene
und behauptet vor Gesine:
„Nein, das tat ich nicht.
Nein so war das nicht.
Das war ganz anders!“
„Ach wirklich?“, seufzt sie und rauft sich das Haar
und lässt sich erzählen wie’s angeblich war.
Purzel sitzt im Sonnenschein
vor dem Häuschen ganz allein.
Watschelschritte auf der Straße
nehmen Kurs auf die Terrasse.
Und plötzlich fällt ein großer Schatten
auf die warmen Kalksteinplatten:
„Lieber Purzel, hör mal her,
dieses Sprüchlein stört mich sehr.“
„Schnabeltier, was kümmert’s dich?“,
fragt Purzel da und wundert sich.
Das Federvieh tritt an ihn ran:
„Natürlich geht es mich was an.
Ich hab sehr wohl damit zu tun:
Gans Anders mein Name – was sagst du nun?!“
Da fällt dem Purzel nichts mehr ein,
er fühlt sich plötzlich klitzeklein!
Beschämt senkt er die Augenlider:
„Entschuldigung, ich sag’s nie wieder“.
Damit ist die Sache gut.
Gans Anders greift nach Stock und Hut.
Zwerg Purzel aber fortan spricht:
„Ja, ich war’s – Gans Anders nicht!“
© Anouk Ferez