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Gedichte über Ironie - Seite 56


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Morgenprogramm

Morgenprogramm

Am Morgen meint die lustende Lende,
Sie wäre da noch ein wenig behende
Und bewegte deshalb zum Zeitvertreib
Ruhig und rhythmisch den alternden Leib.

Wie immer, wenn der Frühling naht
Gerät der Wunsch zu ausführlicher Tat.
Ist diese dann endlich erfolgreich vollbracht,
Dem Manne nun sein Dichterherz lacht.

Gekonnt muss er seine Verse schmieden,
Die Ideen haben ihn ja gar nicht gemieden,
Auf dass gedankennah seine Worte gedeihen,
Weil jetzt im Haus keine Kinder mehr schreien.

Ist er fertig, holt er zur Belohnung aus:
Das E-Auto rollt zur Garage hinaus,
Und mit der Liebsten geht’s ins Bistro,
Das machen die Beiden tagtäglich so.

Der Espresso lockt mit viel Charme den Dichter,
Auch wenn sein Haar wird merklich lichter:
Er schaut hin zu einziehenden Käuferscharen,
Die Inspiration ihm immer schon waren.

Er sieht sie und denkt: Was die wohl erzählen,
Ob sie heute wieder ein Schnäppchen wählen
Oder eingedenk ihrer halbleeren Kassen
Davon lieber die klammen Finger lassen?

Die Liebste verschwindet im Kleiderladen,
Hat dort wieder ein paar Euro verbraten.
Dann geht es zurück ins Hausparadies,
Da man Angebote mitgehen ließ.

Die Schnäppchenjäger haben es gut:
Jeden Morgen gehen sie frohgemut
Durch Lädchen, lassen sich überraschen –
Und kehren doch heim mit fast leeren Taschen...

Zu Hause wird dann Gemüse geschnitten,
Am Kaufrausch hat man ja nicht gelitten!
Wieder einmal hat so ein Tag begonnen
Und ihnen nichts von der Würde genommen...


©Hans Hartmut Karg
2020

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