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Gedichte über Hoffnung - Seite 106


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Halberstädter Dom

Melodien klingen leis’ von Ferne,
schweben wie auf Flügeln durch den Raum hinüber,

berühren sanft die Seelensaiten
und etwas unerwartet Neues
beginnt in mir ganz sacht zu klingen.

Aus dem Innern steigt empor,
was tief in jedem Menschen ruht:

Gedanken - nie zuvor gedacht,
Fragen, Träume auch und manches Bild.

Es ist, als ob ein Tor auf einmal offen steht,
und unser Herz gen Himmel strebt,
die Arme ausgestreckt in sehnsuchtsvoller Ahnung,
dass Frieden, Glück und Freude nahe sind.

Mein Blick geht mit den Tönen
durch die Weite dieses Doms spazieren,
die Kanzel dort,
von der wohl hunderttausendmal gesprochen,
der Altar,
wie oft dort Brot und Wein geteilt,
und im Hohen Chor ist’s,
als ob die Domherr’n da noch singen.

Wir, die wir hier oben steh’n,
reih’n uns in die Geschichte ein -
der Menschen, die den Dom so herrlich bauten,
die vielen, die in den Jahrhunderten kamen und gingen.

Die hier beteten, hofften,
ihr Leben bedachten -
vor Augen immer das Kreuz,
das in der Mitte sich erhebt.

In ihm vereinigt sich, was Christus war und ist:
Ein Mensch unter Menschen,
von Freude und Leiden geprägt,
und zugleich so viel mehr als das:
Tief durchdrungen vom Glauben an Gott,
nie hörte er auf, Seinem Wort zu vertrauen
- dies Wort voller Zuneigung -
und es auszubreiten unter den Menschen,

Versöhnung zu stiften, wo Feindschaft regierte,
für Freunde und Feinde gleich innig zu beten.
Und Hoffnung zu geben, dass Leben gelingt,
wenn Menschen es wagen, aufzuersteh’n.
nicht nur dereinst,
sondern heute und jetzt –
gerade dort, wo wir leben.

Ach, könnten die Saiten der Seele immer weiter so schwingen,
mein Herz würde Frieden finden,
und einen Weg zu allen Menschen,
und vielleicht auch den Glauben an den,
der alles erschuf.
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