Gedichte Über Gedanken - Seite 542

Ist jemand in der Öffentlichkeit bekannt,
hat er gleichzeitig einen gewissen Stand.
Seine Meinung ist gefragt.
Viele hören darauf, was er wo sagt.

Sein Telefon bleibt dann nicht lange still,
weil immer einer etwas von ihm will.
Allen Anrufenden gemeinsam ist,
dass ihnen der Kontakt zu ihm wichtig,

weil vielleicht der eine oder andere meint,
dadurch selbst für den anderen wichtig zu sein.
Doch das Interesse hält nur solange an,
solange der Verehrte ist bekannt.

Wenn der nicht mehr in der Öffentlichkeit steht,
er auch schnell in Vergessenheit gerät.
Auch das Telefon bleibt dann still,
keiner mehr etwas von ihm will.

Damit wird eines offenbar,
dass er als Mensch nicht wichtig war.

(zum Gedenken in Anlehnung an Franz Kafkas „ER“)


***
Nie ist man genügend vorbereitet.
Aber Vorwürfe deshalb?
Wo wär in unsrem Leben
– des so quälenden –
in jedem Augenblick Bereitsein bereitet,
– genügend Zeit bereit.

... Und selbst wenn; –
könnte man sich denn je vorbereiten,
ehe man die Tragweite erkennt?

Kann man überhaupt eine natürlich
bestellte Aufgabe bestehen?
Längst befindet man sich unter den Rädern.
Verlassenes wird nie mehr aufbereitet.
Merkwürdiger–, aber auch tröstlicherweise,
ist man darauf nie vorbereitet.
***


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Bad Ischl, 2018