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Gedichte über Ehrlichkeit - Seite 22


Kaltblütig (Triggerwarnung: sexuelle Belästigung, Traumata, Mobbing)

Ich habe keine Ahnung von Beziehungen,
diesbezüglich fehlen mir viele Erfahrungen,
habe einiges in meiner Jugend verpasst,
es gibt mehrere Gründe wieso das so ist.

Zum einen waren es die Mobbing-Aktionen,
welche ich andauernd über mich
ergehen lassen musste. Ich war ja nie hübsch,
cool oder beliebt genug, ganz im Gegenteil,
ich war hässlich, uncool und unbeliebt.

Mir wurden immer wieder fiese Bemerkungen
entgegengeschleudert, als wäre ich nichts wert.
So wurde ich auch behandelt, sowohl von Schülern
als auch von Lehrern, die nicht mal geholfen haben.

Ich baute eine Mauer, hinter der ich mich versteckte,
lies keine Gefühle oder Emotionen an mich heran,
habe all diese von mir gestoßen und bin
gebrochen durch den Tag gegangen.

Zum anderen waren es meine Eltern,
die mich mit ihrem widerlichen Verhalten
extrem verstört und traumatisiert haben.
Trugen ihren Teil dazu bei.

Beide hatten ein Alkoholproblem und
öfter mal Geschlechtsverkehr in der
Öffentlichkeit, was mich aber am
schlimmsten traf, war Folgendes.

Ich war noch ein Kind und habe deren
Aktion natürlich mitbekommen und
dachte, mein Vater würde meiner Mutter wehtun.
Ich bat meinen Bruder, die Polizei zu rufen.

Habe schrecklich viel geweint und
meine Eltern hat es nicht interessiert.
Mein Vater hat meine Mutter sogar später
angebrüllt, sie solle aufhören zu weinen.

Solch ein Erlebnis geht nicht einfach spurlos
an einem Kind vorbei, ohne dass es irgendwelche
Schäden davonträgt. So auch bei mir.
Ich war immer schon auf Anti Intimität gestimmt.

Noch heute verhalte ich mich
eher wie ein Kind, wenn ich Paare sehe,
die sich küssen oder miteinander herummachen
und ekel mich davor. Auch, wenn dies in Büchern
oder Filmen/Serien vorkommt.

Wenn mir jemand Komplimente macht,
kann ich damit nicht umgehen.
Ich möchte so etwas auch nicht hören,
weil ich das Gefühl habe, belogen zu werden.

Ich fühle mich in meinem Körper
überhaupt nicht wohl, weil ich zu dünn bin
und mich nie lieben gelernt habe.
Ich akzeptiere mich nicht, wie ich bin.

Und das nur, weil mir jahrelang eingeredet wurde,
dass ich hässlich bin und ausgestoßen wurde.
Gehörte immer zu den Außenseitern,
hatte nie ein Problem damit, um ehrlich zu sein.

Das war mir lieber, als meine Seele zu verkaufen,
um irgendwelchen Idioten zu gefallen,
die sich extrem asozial benommen haben.
Ich war nie eine Mitläuferin.

Ich habe unbewusst anderen Menschen weh getan,
habe nie gemerkt, ob jemand auf mich stand oder
Interesse an mir hatte. Mir war das egal,
ich wollte nichts damit zu tun haben.

Es gab des Öfteren Momente in meinem Leben,
in denen ich ungewollt von Menschen angefasst
oder auf irgendeine Art und Weise
sexuell belästigt worden bin.

Mir ist klar, dass ich nicht einfach bin.
Habe Angst vor Nähe und Intimität
und das schon seit etlichen Jahren.
Seitdem noch mehr als zuvor.

Möchte insgeheim gerne jemanden
an meiner Seite haben, traue mich aber nicht,
denn zu groß sind meine Ängste davor,
verletzt oder missbraucht zu werden.

Ich habe es tatsächlich mal ausprobiert,
eine Beziehung mit jemandem,
die ich mehr als alles andere bereue.
Möge Karma ihm einen Besuch abstatten.

Ich merke selber, dass wenn mich jemand
an flirtet, dass ich genervt reagiere,
um dann in Ruhe gelassen zu werden.
Mir ist das einfach zu unangenehm.

Ich kenne mich mit dem männlichen Geschlecht
eben nicht so gut aus, bin ihnen doch immer
so gut es geht aus dem Weg gegangen.
Weiß auch nie, was ich sagen soll.

Deshalb verhalte ich mich in der Regel,
sehr kühl und distanziert.
Nehme keine Rücksicht auf Abfuhren,
die ich verteile, ob diese brutal klingen oder nicht.
Ja, was die Liebe betrifft, bin ich sehr kaltblütig.

Ich kenne sie nicht so, wie andere
zumindest nicht auf eine positive Weise.
Verbinde damit Ekel und Abscheu,
bin wie sagt man? Prüde?

Für mein Alter ist mir das sehr unangenehm,
aber so bin ich eben nun einmal.
Schließlich wurde ich so nicht geboren, nein,
ich wurde tragischerweise so gemacht.

Habe immer die Fehler bei mir gesucht
und mich gefragt, was mit mir nicht stimmt.
Meine Jugend habe ich mir immer
anders vorgestellt, hätte gerne jemanden gehabt,
aber mich wollte keiner.

Es gab ein paar Jungs, die mir auf
eine unschöne Weise weh getan haben.
Mir Gemeinheiten regelrecht
vor die Füße gespuckt haben.

Diese haben selbstverständlich einige
Narben hinterlassen und mich noch
mehr zerstört, als ich ohnehin schon
war. Mein Herz wurde eiskalt.

Mir fehlen die Erfahrungen, die man normalerweise
in seiner Jugendzeit macht oder im jungen Erwachsenenalter,
aber es sollte wohl nicht sein.
Vielleicht kann ich sie noch nachholen?

Dafür müsste ich erst einmal therapiert werden,
denn ich habe eine panische Angst vor Männern entwickelt.
Bin weder gerne mit ihnen alleine,
noch ertrage ich deren Nähe oder möchte
sonst was mit diesem Geschlecht unternehmen.

Vielleicht liegt das auch einfach daran,
dass ich in einer Stadt lebe, in der die größten
asozialen Vollidioten herumlaufen,
mit denen kein normal denkender Mensch
zusammen sein möchte.
Wohl eher die richtig verzweifelten.

Wie ihr hier herauslesen könnt,
muss ich noch eine Menge an mir arbeiten,
aber ich bin mir dessen wenigstens bewusst.
Ich habe keine Ahnung, ob ich jemals in der Lage sein werde,
Liebe so zu akzeptieren und auszuleben, wie wir es sollten.

Was das betrifft, habe ich die Hoffnung
längst aufgegeben und mich damit abgefunden,
dass ich für immer alleine bleiben werde.
Ich muss erst lernen, mich selber zu akzeptieren
und zu lieben, bevor es überhaupt
jemand anderes tun kann.

© Lily .N. Hope
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Liebes Tagebuch...

Liebes Tagebuch…

…lange ist es her, dass wir uns gesehen, geschweige etwas
auf deine Seiten geschrieben. Ganz unverhofft hab‘
ich dich nun entdeckt, auf dem Speicher zwischen alten
Büchern, in einem verschlissenen Karton.

Habe dir meine geheimsten Geheimisse anvertraut,
meine Träume, meine Gefühle; konnte dir meine
Sorgen erzählen, all meine Gedanken waren bei dir
stets gut aufgehoben. Blind konnte ich dir vertrauen,
meine geheimen Gedanken und Wünsche blieben bei
dir verborgen.

Gedanken, die der Wind über mich hinweggetragen,
Träume, die plötzlich gekommen in einem Moment,
in dem anderen schon wieder verflogen, es gibt kaum
eine Seite, die ich nicht vollgeschrieben.

Schaue dich mit Wehmut an, dein Gesicht ist nicht mehr
so farbenfroh und frisch, verblasst ist es in den vielen
vergangenen Tagen, die Seiten an den Ecken teils umgeknickt.
Himmel, wo hattest du dich nur versteckt?

Die vielen Jahre sind auch an mir nicht spurlos vorüber-
vergangen, habe viele Chancen verpasst, die falschen ergriffen.
Gab die Zeit mir auch Zeichen, hab‘ sie oftmals verkannt,
in Sekunden nur, war die Zeit mir davongeflogen.

Die Zeit, zärtliche Briefe an den Liebsten zu schreiben, ist nun
auch vorbei. Er hatte die allerschönsten, von mir je gesehenen
Augen, seine Hände sie sprachen Bände, so sinnlich, so zart.
Schrieb Zeilen, die ich ihm niemals zu lesen gab.

Da waren die Zeiten zu trauern, zu hoffen, mit Frohsinn in
die Zukunft zu schauen, die Liebe, sie kam und sie ging,
zu große Erwartung, am Ende waren zwei Liebende nur noch in
Schweigen und Lügen gehüllt. Ein trauriges Lied so alt wie die Welt.

Habe gelernt; das Leben braucht Mut. Was uns ausmacht,
ist nicht der Schein oder das, was man an Eigentum und
Gütern hat, es ist das, was man mit dem Herzen tut.
Teils war ich wie ein schwankend‘ Schiff, das auflief auf
ein raues Riff, suchte Halt, doch fand ihn nicht.

Liebes Tagebuch, heute schreib‘ ich dir mit zittriger Hand,
das Haar ergraut, fast schon weiß, bin welk einer gefallenen
Rose gleich, brüchig das Band, das mich noch am Leben hält.
Es sind wohl die letzten Zeilen, die ich schreibe, die ich dir
hier anvertraue, der Weg in die neue Welt ist nicht mehr weit.


29.06.2023 © Soso
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