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Gedichte über den Tag - Seite 92


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Die Geburtstagsrunde

Immer wenn bei uns Geburtstag ist,
man den Rückblick nicht vergisst.
Erst ist es nur das letzte Jahr,
von dem man erwähnt, was war.

Geburten, Hochzeit, Sterbefälle,
Hausneubauten an dieser Stelle.
Als letztes aus dem eignen Leben
die Erben sich die Hände geben.

Dann stehen die Eltern im Mittelpunkt,
weil es bei ihnen einst gefunkt.
Sie bestimmten lange mein Leben,
und das der Geschwister daneben.

Mancher findet mit der Zeit
zwischen Verwandten Ähnlichkeit.
Der Opa vererbt der Enkelin
neben den Augen auch das Kinn.

Und Martha die uralte Base
hatte damals die gleiche Nase.
Nur Onkel Heinrich findet das dämlich,
er sieht etwas seinem Nachbarn ähnlich.

Wir sind es von jeher gewöhnt,
dass sich jetzt alles übertönt.
Drum fangen wir schließlich dann
mit Elend, Flucht, Vertreibung an.

Alte Fotos werden herum gereicht,
die schon abgegriffen und gebleicht.
Erinnerungen machen die Runde
über manch gute und schlechte Stunde.

Automatisch wird das Thema übergeleitet
und der nächste Urlaub vorbereitet.
Bei Bier und Wein mit Schnaps und Weinbrand
diskutiert man über jedes Urlaubsland.

Terror, Erdbeben und Wetterunsicherheiten
dabei manches Problem bereiten.
Da der Zinssatz stetig fällt,
fehlt das obligatorische Urlaubsgeld.

Der Zeiger läuft, die Zeit vergeht,
der erste Gast im Mantel steht.
Die andern finden es auch genug
und rüsten sich alle in einem Zug.

Während die Besucher und Gäste gehen,
bleiben wir an der Haustür stehen.
Jeder denkt trotz Weinen und Lachen:
„Wie oft werden wir das noch machen?“

15.01.2017 © W.R.Guthmann
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Unser Tag

Wird der Tag effektiver werden,
wenn wir nichts mehr sehen,
wenn wir nichts mehr hören?
wird der Tag effektiver werden,
wenn wir nur noch gehen
und den Weg nicht sehen?

wird der Tag länger werden,
wenn wir schneller gehen
und nur ins Morgen sehen?
wird der Tag länger werden,
wenn wir viel mehr tun
und kein einziges Mal ruhen?

wird der Tag billiger werden,
wenn wir Einen jagen,
anstatt dass Zwei die Arbeit tragen?
wird der Tag billiger werden,
wenn die Menschen sich schneller drehen
und ihre Lebenszeiten schneller vergehen?

wird der Tag uns glücklicher machen,
wenn wir unter Druck viel schaffen,
um dem Chef keinen Ärger zu machen?
wird der Tag uns glücklicher machen,
mit der Angst, nicht schnell genug zu sein,
wegen der Angst, morgen nicht mehr dabei zu sein?

wird unsere Welt sich weiter drehen
und in unsere traurigen und übermüdeten Augen sehen?
oder wird sie beschließen zu ruhen und rasten,
um das Tempo zu ändern und uns nicht zu überlasten?

schön, wenn die Welt die Kraft dazu hätte,
und uns ein wenig Verstand beibrächte?
doch wir werden die Macht hier haben,
bis unsere Fehler uns selbst begraben.

wofür sind wir ausgestattet mit dem Verstand?
damit wir uns treiben bis an den Rand?
damit wir nichts spüren, nicht leben, nichts geben?
denk doch mal nach, wo bleibt da das Leben?

und wenn sich unsere Welt ein bisschen langsamer dreht,
und der Mensch wieder lebt und mit den anderen Hand in Hand geht,
wir uns verzeihen, uns streiten und träumen,
statt nur zu rennen, um nichts zu versäumen,
dabei nichts spüren, versuchen noch schneller zu laufen, zu hören, zu sehen,
statt stehen zu bleiben, um uns zu schauen und im Tempo der Welt mitzugehen.
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