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Gedichte über das Alter - Seite 51


Geburtstag - mittleres Alter

….Dass jemand älter wird im Leben,
dagegen hilft kein Widerstreben.
Kaum ist geboren er, sie es,
beginnt der Alterungsprozess,
zunächst nur intrakorporär.
Dies zu bemerken, fällt erst schwer,
weil etwas nicht sofort veraltet
und vieles Neue sich entfaltet.
Das Altern hält sich noch in Grenzen
mit allen seinen Konsequenzen.
….Der Mensch wird größer, langsam groß,
doch lebt anscheinend alterslos.
Wenn irgendwer vom Alter lallt,
dann lässt ihn die Erkenntnis kalt,
zumal für ihn das Älterwerden
verläuft noch ohne viel Beschwerden.
Er fühlt sich hoffnungsvoll und stark
vom großen Zeh bis in das Mark.
Was sind schon zwanzig Jahre? Nichts,
erklärt er frohen Angesichts.
….Er macht verschiedene Examen,
dazu Erfahrungen mit Damen,
und der Solist wird zum Duett,
nachdem er eine heiratet.
Er arbeitet beruflich fleißig,
und mir nichts, dir nichts ist er dreißig,
Im Grunde keinerlei Zäsur.
Von Altersschwäche keine Spur.
Höchst schaffensfreudig fühlt er sich,
besonders aber: Jugendlich.
….Doch schon zeigt sich im Lebensglück
ein kleiner, noch verdrängter Knick.
Es macht ihm Mühe zu verstehn,
wie Jüngere durchs Leben gehn.
Die ihrerseits verstehen nicht,
wie er so klug und weise spricht.
Doch in der Regel scheint die Sonne,
es herrscht persönlich eitel Wonne.
….Die Zeit verkrümelt sich im Flug.
Es scheint beinahe wie Betrug:
Erst schwebt er noch von Jahr zu Jahr
und wird des Tempos kaum gewahr.
Dann nimmt das Tempo weiter zu.
Ist`s Sinnestäuschung? Ist es Schmu?
Er hat und nimmt sich keine Pause
im täglichen Berufsgesause,
weil ständig eine Stimme schreit:
Denk an die Zeit… die Zeit… die Zeit.
….Jetzt ist er weder jung noch alt,
im besten Mittelalter halt.
Weit ist er durch die Welt gestreift,
er ist erfahren und gereift,
hat sich zuweilen wohl verzettelt,
doch irgendwie durchaus gesettelt.
Er ist vielleicht ganzen im Land
weithin beliebt und anerkannt
und hat in vielen neuen Runden
den Lebensweg herausgefunden,
den er, von anderen begleitet,
entschlossen-mutig vorwärtsschreitet.
….Doch öfters geht ihm durch den Sinn:
Stimmt wohl die Richtung? Wo geht`s hin?
Das halbe Leben ist herum.
Was zählt in dem Panoptikum?
Was gilt? Was will ich gelten lassen?
Was soll ich lieben, muss ich hassen?
Nicht überallhin viele Schritte,
nein, lieber konsequent zur Mitte!
Ich muss mich besser konzentrieren,
um mich nicht selber zu verlieren.
Zu kostbar ist die kurze Zeit
für Tändelei und Nichtigkeit.
….Dein Leben mög in allen Ehren
noch weitere Jahrzehnte währen.
Gesundheit wünsch ich Dir und Kraft
auf Deiner Lebenswanderschaft.

Silesio
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