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Gedichte über Alltägliches - Seite 213


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Fluch oder Besuch

Es war ein heller, warmer Tag,
so wie ich ihn gerne mag.
Die Sonne schien froh und munter,
aber irgendwann ging sie dann unter.
Also ward von irgendwo geschrien,
wir sollen doch am Rollo zieh‘ n.

Ein kräftiger Ruck am Band,
schon halt ich‘s Ende in der Hand.
Und weil ich es nicht fest gebunden,
ist der Rest auch schnell verschwunden.
Das hätte nicht sein gesollt,
weil nun das Rollo nach unten rollt.

Dieses dunkle Grand Malheur
stört erst am nächsten Morgen sehr.
Alle auf dem Weg zum Hafen
denken doch, dass wir noch schlafen.
Im Internet gilt es nun zu fragen,
was man macht bei Bandrisslagen.

Auf meinen genauen Fehlerrapport
melden sich viele von fremdem Ort.
Mein Modell sei sehr interessant,
doch allen Lesern unbekannt.
Ihre Rollos hätten alle Hauben
und ließen sich leicht schrauben.

Nur mein Rollo wird eingeklemmt
und sei den andern Bastlern fremd.
Oh je, das gefällt nicht sehr,
da muss ein teurer Fachmann her.
Schnell das Telefonbuch geschunden
und rasch die richtige Nummer gefunden.

Der Meister selbst ist in der Leitung
und mahnt zur Baustellenvorbereitung.
Leiter bereitstellen und eine Decke,
dafür die Blumentöpfe in die Ecke.
Als dann der Geselle naht,
steht die Familie schon parat.

In der Küche dampft Kaffee
und frischer Kuchen, wie ich seh.
„Woll‘ n sie vorher sich erst stärken?“
„Nein, jetzt werde ich erst mal werken“.
Der Werkzeugkoffer ist ausgebreitet
und die Reparatur wird eingeleitet.

Deckel ab und die Isolierung ziehen,
dann mussten wir des Zimmers fliehen.
Dem Kasten, in dem sonst Lamellen liegen,
entströmten große, träge Fliegen.
Es waren mehrere Hundert,
die durch das Licht nun aufgemuntert.

Amphibien hätten da genutzt,
weil sie die Fliegen schnell verputzt.
Doch ich fragte sehr,
wo nimmt man nun Frösche her?
Die Besucher saßen in allen Ecken,
besonders an den Leuchten der Decken.

Ohne Feuer und giftigen Rauch
blieb nur der Staubsaugerschlauch.
Volle Drehzahl, neuer Staubsack
und alle verschwanden Klick, Klack.
Da wurde nicht erst diskutiert,
ob Tierschützer dran interessiert.

Da der Kasten nun ganz leer,
fiel die Reparatur nicht schwer.
Bohrmaschine, Schraubendreher,
Pop-Nietzange, Ende näher.
Klappe zu, richtig verrammeln,
hinterher Reste einsammeln.

Die Arbeitsleistungen quittieren
und die Küche offerieren.
Doch den Gesellen drückte die Zeit,
denn Feierabend war nicht weit.
Er ging und mied unsern Kaffee,
das war Besuch, den ich gern seh.

14.10.2015 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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