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Gedichte zu Weihnachten - Seite 117


Ein Reiter in den Zwölften

Die Müllerin, sie sah gut aus,
doch ihren Nachbarn war's ein Graus
Als Hex' war sie im Dorf verschrien,
 war viel zu frei, wie's ihnen schien

Hing Wäsche in den Zwölften auf,
der ruhigen Zeit im Jahreslauf
Der Jäger holt dich, warnte man
Sie lachte nur und sprach: na dann!

Am Abend die Geschicht' begann
Es hob ein starkes Wehen an
Ihr war's, als ob man sie berühr'
Da trat ein Reiter in die Tür,

ganz rüstig und mit weißem Bart
'Willst mitreiten?' hat er gefragt
Der Müllerin war angst und bang,
zum Glück, sie zauderte nicht lang,

sprach klare Worte, holt' ihr Kleid
Der Jäger war schon marschbereit
Da riss der Sturm ihr 's aus der Hand
Und weht' das trockene Gewand

dem Reiter grade vor die Füss',
was nichts Gutes ihr verhieß
'So willst du mitreiten', fragte er
Sie drang in ihn und flehte sehr:

'Hab Haus und Hof und Mann und Knecht,
es geht uns gut, wir sind nicht schlecht'
Der Fremde hob die Hand nach ihr
'Oh nein', schrie sie, 'lass mich doch hier,

ich trag ein Kind in meinem Bauch!'
Denn auch bei IHM ist es so Brauch,
Rücksicht zu nehmen auf die Frau,
und sei das Leben noch so rau

Im Kind fängt es von vorne an
Da hält man inne, selbst als Mann
So sank die Hand langsam herab,
berührte ihre Brust ganz knapp

Der Reiter ging, ihr wurde weh
Das blieb ihr lange Zeit, oh je
Doch auch im neuen Jahreslauf
hing sie stets Wäsche draußen auf!


Die 12 Tage zwischen dem Sonnen- und dem Mondjahr, die sog. 'Rauhnächte', galten früher als heilige Ruhezeit. Da war Odin, der 'wilde Jäger', mit seinem Heer verstorbener Seelen in den Naturgewalten unterwegs. Wer z.B. in dieser Zeit draußen Wäsche aufhing, gab, so glaubte man, dem Gott des Totenreiches auch Macht über sich.
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Der Weihnachtsbaum

Vor 50 Jahren in der Sommerhitze
war die Ferienarbeit Spitze.
Der Oberförster Wolkenhaus
suchte sich seine Leute aus.
Dann lud er sie ins Auto ein,
das war ein Van und nicht sehr klein.
Wir fuhren tief in einen Wald,
dort machte dann der Wagen halt.

Wir bauten Zelte auf und waren froh,
es entstand danach ein Doppelklo.
Die Mädels links, die Jungen rechts,
denn wir waren beiderlei Geschlechts.
Es hieß, dass aufzuforsten war
mit Axel, Rainhard, Peter und Lothar.
Die Mädel Namen hab ich unterdessen
in meinem Alter schon vergessen.

Wir pflanzten Kiefern zu einer Schonung,
spätere Weihnachtsbäume für die Wohnung.
Ein Loch in die Erde, eine Pflanze rein,
festgetreten, nun wachse fein.
Im Zentrum war ein Kreuz markiert,
das hat uns letztlich inspiriert.
Wir pflanzten für jeden von uns Zehn
eine Tanne, die konnte man nicht sehn.

Durch Zufall ich im November erfuhr,
die Schonung wird ausgelichtet nur.
Jeder zweite, wenn auch gesunde Baum
macht für die andern Platz und Raum.
Bevor die Forstarbeiter dort zur Stelle,
dünkte ich mich besonders helle.
Mit Säge, Sack und fester Schnur
ging ich auf Weihnachtsbaumklau Tour.

Die Schonung hab ich lange gesucht
und diese Schnapsidee mehrmals verflucht.
Doch dann sah ich ohne fremde Mannen
im Kieferndickicht stolze Tannen.
Ich habe noch mal nachgedacht,
doch ich zählte nur noch acht.
Am frischen Schnitt war zu lesen,
hier war man vor kurzem erst gewesen.

Ich sägte, schnürte, lud ihn ein
und ließ die andern Bäume sein.
Zuhause wurde er kühl gehangen
um endlich in die Stube zu gelangen.
Ich habe ihn solange gedreht,
bis er still in einer Ecke steht.
Heiligabend denke ich, das ist doch klar
an Axel, Rainhard, Peter und Lothar.

10.11.2016 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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