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Gedichte über Trauer - Seite 132


Tränenarm

Ich fühle mich tränenarm
und bin innerlich tränenreich,
das fühlt sich nach dieser schlimmen Trennung
doppelt schmerzhaft an.
Tränenarm, tränenreich,
ich wünsche mir ein Tränenreich,
wünsche mich tränenreich,
einmal mehr
wünschte ich,
meine Tränen würden einfach fließen,
Zeugen stillen Schmerzes,
die meinen Augen entweichen.
Doch es geht nicht,
zu sehr funktionieren meine
Trauerunterdrückungsmechanismen.
Sie haben schon immer wunderbar funktioniert –
nahezu perfekt.
Etwas, was mir zusätzlich weh tut.

Warum kann ich nicht einfach losheulen?
Grund genug habe ich.
Nur habe ich keine Tränen –– mehr?
Habe ich jemals welche gehabt?
Und wenn ja, wie viele waren es?
Ergaben sie eine Tränenpfütze
oder einen kleinen Tränensee,
oder gar ein Tränenmeer?
Ein Tränenmeer – oder weniger?
Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur:
Ich habe keine Tränen mehr
und wünsche mir doch so sehr ein Tränenmeer.
Es tut so gut, zu weinen,
einfach allen Schmerz loszulassen,
zu verabschieden
in diesen kleinen traurigen Tropfen.
Sie sind für mich so kostbar
und leider auch so selten.
Manchmal weine ich hemmungslos
in meinen Träumen.
Das tut gut und fühlt sich unendlich gut an.
Geträumte Tränen perlen von meiner Wange herab –
kleine Tränenperlen, die in ein Meer perlen,
ein Tränenmeer meines Schmerzes,
den ich fühle und erlebe.

Ich finde es traurig,
dass meine Trauer so wenig Platz hat.
Wenn ich weine, fühle ich mich
schwach und stark zugleich
und bin doch so verletzlich,
sehne mich nach Armen,
die mich umarmen und halten,
nach einer Brust,
die mich nährt,
nach einem Schoß,
der mich schützt,
in den ich meinen Kopf legen kann,
um mich auszuheulen und Trost zu finden.
Manchmal wünschte ich,
ich könnte durch meine
eigenen Tränenmeere tauchen –
Salzwasser ganz nach meinem Geschmack.

Ich glaube, mein Vater hat viel dafür getan,
dass sich in meinen Augenwinkeln
sehr starke Schleusenwärter postiert haben.
Und sie tun ihren Dienst noch immer,
sind immer noch da.
Nur selten gelingt es mir,
sie zu vertreiben, damit einige wenige
Perlentropfen entweichen können.
So selten sie auch sind,
so kostbar sind sie aber auch.
Und jedes Mal bin ich froh und glücklich,
sie verabschiedet zu haben.

Vielleicht muss ich ein wenig Abschied nehmen
von der Vorstellung,
ich könnte häufiger Sturzbäche weinen
oder Rotz und Wasser heulen.
So schön und befreiend dieser Gedanke auch ist,
so wenig wirklich erscheint er mir –
auch etwas,
was mich wieder etwas traurig macht.
Vielleicht schließt sich hier
mein Kreis der Trauer,
mein Trauerkreis,
in den ich nur selten einsteigen kann.
Und wenn es dann doch gelingt,
dann ist das etwas,
was mich hinterher ungeheuer glücklich macht!
Auch auf diese Art und Weise liegen wohl
Glück und Traurigkeit oft dicht beieinander,
dichter, als wir meistens zu träumen wagen.


ls281207
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Verlorene Liebe

Du bist mir begegnet wie Blätter im Wind,
wir haben uns gesucht und gefunden,
vielleicht, wer weiß?
Und Du bist wieder davon geflogen –
wie Blätter im Wind.
Keine Chance, Dich festzuhalten,
Dich an mich zu drücken,
um Dir zu sagen:
Bleib doch noch etwas!
Keine Chance, Dich zu umarmen,
Dich warm zu halten,
um Dir zu zeigen:
Ich mag Dich, so wie Du bist!
Eine Odyssee von Missverständnissen
und eine gehörige Portion
Angst auf Deiner Seite
haben mir den Mut genommen,
noch einmal auf Dich zuzugehen.
Zu groß meine Angst
vor einer weiteren Enttäuschung,
und zu groß Deine Angst
vor einem erneuten Verlust.
Zeilen, die unsere Beziehung beschreiben;
diesmal hat das Schicksal
keinen Liebesboten entsandt.
Ich spüre meine Traurigkeit –
sie ist da.
Heute vielleicht so etwas
wie ein Abschied.
Schmerz im Herzen und Tränen in den Augen.
Zeit, einer verpassten Chance hinterher zu trauern.
Manchmal denke ich,
ich habe allen Grund,
wütend auf Dich zu sein,
doch ich spüre keine Wut.
Habe das Gefühl,
Du hast die Chance verpasst,
ehrlich mit mir und mit Dir zu sein.
Ich glaube, jetzt ist es zu spät dafür.
So sehr ich mich auf der einen Seite
von Dir verarscht fühle,
so sehr kann ich Deine Gefühle
auf der anderen Seite auch verstehen.
Weißt Du, ich bin so verzweifelt,
so traurig,
weil ich fühle,
dass unsere Liebe wunderschön
und groß hätte werden können.
Ich habe mich selten einem Menschen
so nahe und so verbunden gefühlt
wie Dir, Theresia.
Als ich Dich kennen lernte,
habe ich sogar ein-, zweimal gedacht:
Diese Frau würde ich auch heiraten.
Das ist mir zuvor erst einmal passiert!
Vielleicht ist der Schmerz
auch deshalb so groß.
Ich werde nun langsam Abschied nehmen
und vielleicht noch die eine
oder andere Träne vergießen,
weil ich weiß:
Wir können nicht zusammen kommen.
Ich wünsche Dir jedenfalls
für Deinen weiteren Weg alles Gute
und ich werde sicherlich ab und zu
an Dich denken –
mit einem weinenden
und einem lachenden Auge.
Diese Liebe haben wir wohl beide verloren,
aber dennoch bin ich gespannt,
ob wir uns jemals
wieder begegnen werden…


ls071106
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