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Gedichte über Schmerz - Seite 223


Grimmenthaler Schnee

Sie lag im Grimmenthaler Schnee,
Ihr Haupt, das lächelte so mild.
Was für 'ne weisse schlafend' Fee!
Und doch ist es zu still das Bild.

Und auf der Stirn, die Kuhle gilt:
Als Strafmass, für ein böses Weh!
Und nur der Wind, die Bäume stillt,
Als wär's ein grosses Separee.

Es war ein grosser Mord gescheh'n,
Im weissen Grimmenthaler Schnee;
Wo Buchen und die Blaubeer'n steh'n.

Sie trug ein Schleifchen, roten Klee,
Als Glückssymbol mal angeseh'n;
Und Augen braun, so wie ein Reh.

Ihr Haupt, das lächelte so mild,
Als sei's aus Elfenbein geschnitzt.
Und ihre Löckchen: klein gedrillt,
Wo's passgerecht, am andern sitzt.

Ein Mensch war hier zu sehr erhitzt;
Und seine Seele schwarz umhüllt.
Und ob ihm dieser Tod was nützt,
Da sich durch Mord kein Herz auffüllt ?

Man sah die Spuren: Tiefgepresst,
Im weichen Grimmenthaler Schnee;
Und dann im Buchenwald nur Rest.

Und in den Augen sah man je,
Was man bei Todesfall zu lässt:
Den fliessend' Rinnsal - Augensee.

Was schlief sie fest: die weisse Fee!
Das die Polizisten schnieften.
Und auch der Gummi - Knüppel - Kö,
hing in Schwarz, an ihren Hüften.

Flocken fielen, wie beim driften,
Auf das Laternchen, in de Höh'.
Und die Flöckchen sich verbrieften,
Auf abgesperrten Tatort Schnee.

Doch zu viel Stille trägt das Bild,
So wie ein leeres, tiefes Herz,
Was Unterging, im Tod verhüllt.

Der Grimmenthaler Schnee aus Nerz,
Mit Flockenweichem Pelz gefüllt,
Trug Spuren, wie ein roter März.

In Grimmenthal liegt Schnee aus Schmerz,
Mit Eisendornenschuh gezielt.
Das still die Frau gleich fiel, rückwärts;
Und leis' der Mörder sich wegstiehlt.

Des Mörders Herz ist Unterkühlt,
Wie ein versunk'nes Erdenreich.
Das nie und nimmer Hass wegspült;
Und ist so dürr und Totenbleich!

Doch es half kein Flüchten, Stiften.
Die Polizei, die fing ihn ein;
Der sich hielt, für ein Gewieften.

Der Mörder muss zur Zelle rein,
Wo ihn Menschen sehr abprüften;
Und darf für Jahre darin sein.

Sie lag im Grimmenthaler Schnee;
Und auf der Stirn die Kuhle gilt -:
Das hier ein Mord gescheh'n. o Weh!
Was bleibt, als Klee und Schleifchenbild.

Ihr Haupt, das lächelte so mild,
Obwohl ein Mensch, nicht ganz auf Höh',
Die Spuren trat, wie sich'res Wild!
Aus Augen traten Tränen je.

Was schlief sie fest: die weisse Fee!
Flocken fielen, wie beim driften.
Wie viel von Stille trägt der Schnee?

Grimmenthaler Schnee vergiften,
Durch Mörders kaltes Herz - Palais.
Doch noch nie half: Flüchten,Stiften.
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Das Blatt

Es ist die Jahreszeit des Laubs,
die Blätter wohl am meisten fürchten.
Wenn Blätter fallen wegen jeden Hauchs
und die Menschheit schließt ein jedes Türchen.

An einem Wind'gen Tag,
in des gold'nen Montags Mitte,
stieß ein Sturm ein Blatt in seinen Sarg.
Das bunte Haar des Baumes flehte eine Bitte,
als es wehte auf die erde, die schien so karg


Und so erbarmte sich der Wind,
zeigte seine edle Gnade,
flüsterte eine Böe zu dem Kind,
die das Blatt ohne das ihm was schade,
hinfort beließ geschwind.

Nun trat es seine Reise an,
über tote Felder und kahle Wiesen,
durch kalte Nächte, vorbei an ander Bäume Stamm.
Es sah Menschen die wie Riesen,
ihre Blumen in den Häusern gießen.

Das Blatt, es dachte so für sich:
„Was haben diese Blumen das ich nicht hab?
Seht wie sie stehen auf der Menschen Tisch,
geborgen und geliebt, Tag für Tag,
wenn sie es bekommen wieso nicht ich?“



So war es überall,
in jeder Stadt, in jedem Dorf,
hatten schöne Blumen einen warmen Stall,
die anderen Blätter lagen schon im Torf.
Und das wandernde, weinte in stummen Schall.

„Wenn ich nicht kann ihre Liebe erfahren,
wozu dann noch auf Reisen gehen?
Oh Wind, willst du mir es nicht ersparen,
noch weiter das Glück der anderen zu sehen?“

Der Wind zeigte sich empört
und wehte das Blatt gegen ein Fenster.
Der Schmerz beim Aufprall das Blatt nicht hat gestört,
doch es glaubte, es sieht Gespenster.

Im Warmen Raum da stand,
eine Blume mit den schönsten Blättern,
und das eine dort am Fenster verstand,
manches Laub ist bei allen wettern
einfach zum sterben verdammt.
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