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Gedichte über Pflanzen / Bäume - Seite 87


Kleines Blatt Papier

- LIEDTEXT -

Kleines Blatt Papier, was schreib ich auf dir, kleines, weißes, leeres Blatt Papier?
Kleines Blatt Papier, was verrat ich dir, kleines, weißes, leeres Blatt Papier?

Schreibe ich mein Leben auf, wer bin ich, wann und wo bin ich geborn?
Was hat in einem Lebenslauf davon überhaupt etwas verlorn?
Schließlich geht das Wo und Wann nur mich alleine etwas an.
Allein, dass ich geboren bin, sonst gehört hier gar nichts hin.

Oh, kleines Blatt Papier, was schreib ich auf dir, kleines, weißes, leeres Blatt Papier?
Kleines Blatt Papier, was verrat ich dir, kleines, weißes, leeres Blatt Papier?

Schreib ich einen Liebesbrief. Mit ganz viel Schmus und Gruß und Kuss am Schluss.
Lief zuletzt so vieles schief, worauf ich einfach reagieren muss.
Nur, ob sich damit retten lässt, was längst nicht mehr zu retten ist:
Das glaubt, soviel steht jetzt schon fest, nicht mal der größte Optimist.

Oh, kleines Blatt Papier, was schreib ich auf dir, kleines, weißes, leeres Blatt Papier?
Kleines Blatt Papier, was verrat ich dir, kleines, weißes, leeres Blatt Papier?

Schreibe ich mein Testament; worin mein Nachlass klar geregelt ist.
Jeder, der mich näher kennt, weiß, dass er sich nicht sehr hoch bemisst.
Nur wozu dann ein Testament, wenn es nur Verlierer kennt?
Ich bin auch kaum darauf erpicht, dass es zu bald veröffentlicht.

Schreib ich auf, was morgen ist. Tu so, als könnt ich in die Zukunft sehn.
Was in ihr verborgen ist, das dürfte höchstens in den Sternen stehn.
Egal was einmal aus mir wird. Was mich gerade interessiert:
Ob so ein unbeschriebnes Blatt nicht doch etwas zu sagen hat.

Oh, kleines Blatt Papier, grad mal DIN-A4, liegst du etwas unscheinbar vor mir.
Kleines Blatt Papier, derart reduziert, wie viel Traum vom Baum steckt noch in dir?

Jener Baum, der einst so stolz auf sein gutes, festes Holz.
Weil auch du daraus gemacht, hab ich mir was ausgedacht.

Oh, kleines Blatt Papier, ich schreib nichts auf dir, ich hab was viel Bessres vor mit dir.
Kleines Blatt Papier, ich schreib nichts auf dir, nein, ich falt ein kleines Boot aus dir
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Frühjahrs-Graus

Der März schlägt aus, man sieht schon Sprossen,
zu lang der Winter uns verdrossen.
Die Vögel piepen bis zum Abend,
und Füchse, sich am Müllsack labend,
'ne heiße Füchsin suchen im Revier
zur Arterhaltung, so wie wir.

Der Jagdtrieb weckt nun auch die Katzen,
an denen Kater lüstern kratzen.
Die Mäuse wurden auch grad wach,
schon stellen ihnen Katzen nach:
Von früh bis spät sind auf der Hut
Familie Maus und ihre Brut.

Derweil der Maulwurf immer fleißig,
wirft Erd' auf Rasen, Beet und Reisig.
Natürlich sorgt er für Verdruß,
weil Papa wieder gärtnern muß.
Denn Mama mag es gar nicht leiden,
wenn Papa Arbeit will vermeiden.

Der März ist doch des Bauern Zeit,
wo dieser sich auf Aussaat freut.
Er zwar kein Rößlein mehr anspannt,
da er den Traktor einst erfand.
Das gilt für Vatern jedoch nicht,
weil dieser selbst im Erdreich mischt.

Hat nachher Blasen an der Hand
und kommt schnell zu Mama gerannt,
auf daß sie liebevoll ihn pflege.
Stattdessen bringt sie rasch die Säge,
weil an der schönen alten Linde
belästige Geäst die Rinde.

„Der Ast sollt' schon im Jänner weg.
Und bitte mach' mir keinen Dreck!‟
spricht Mama und ist schnell verschwunden –
ganz ungerührt von Papas Wunden.
Der knurrt und schnappt sich das Metall,
will bringen läst'gen Ast zu Fall.

Der fällt jedoch nicht gern allein –
auch Äste können listig sein:
Denn Vater mied den Weg zur Leiter,
weil Hocker nah – die Leiter weiter.
Ein alter Hochsitz aus 'ner Bar
müßt' standfest sein, das schien ihm klar!

Bestieg demnach den Tabouret
und tat dem armen Baume weh.
Er sägte das Gehölz entzwei,
alsbald erklang ein lauter Schrei.
Der Ast fiel ab zwar, aber locker
riß Säge er samt Paps vom Hocker.

Da liegen Säger nun und Säge,
der Hocker steht noch, aber schräge.
Der Ast ist weg, der Baum jetzt schmäler.
Das mit dem Hocker war ein Fehler –
Papa erkennt's und hört Gelache:
Es lacht der Baum – und das aus Rache.

Papa hofft nun auf Tee und Pflaster,
doch Muße sei Beginn der Laster –
so sieht es jedenfalls sein Weib:
Die Ruhe schlage auf den Leib.
Und Papas Bäuchlein, spottet sie,
verschwände ohne Arbeit nie.

So sorgt der März zwar für Entzücken,
doch hat er leider arge Tücken:
Denn wer am Garten sich erfreut,
hat dies zumeist schon früh bereut.
Weil, wer 'ne Frau bei sich zuhaus',
dem wird das Frühjahr schnell zum Graus.

Micha Schneider
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