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Gedichte über den Menschen - Seite 196


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Meine Freiheit

Ich suche meine Freiheit
hinter verschlossenen Türen
hinter vergitterten Fenstern
hinter Mauern
hinter Totgesagtem
hinter Illusionen
ich suche sie unentwegt
und ich stelle mir vor
es gäbe die geöffneten Fenster
außerhalb und innerhalb
meines Wesens
Fenster, zum Hindurchfliegen
vielleicht so wie bei Tauben
die nach langer Regenzeit
aus den alten Gemäuern
endlich emporfliegen
die sich wieder in den Sonnenschein
wagen
Es gibt wilde Tauben in Freiheit
und gezüchtete in Gefangenschaft
Aber ich möchte frei sein
frei sein, freier als frei
nicht unbedingt so frei wie der Wind
aber wie die entschwebende Wolke am Himmel
die sich vom Wind geduldig treiben lässt
und zwischen Abhängigkeit
und Unabhängigkeit
lustvoll balanciert
zwischen Wolkenbruch und Auflösung
Eine Wolke müsste man sein
mit vielleicht direktem Blick
in das Leuchtfeuer der Sonne
in grenzenloser Sehnsucht nach deren Wärme
alsbald dann inmitten mit ihr zu verschmelzen
ihre heißen Sonnenstrahlen
am ganzen Körper spürend
lebendig sein für einen Moment
und gleichzeitig wissend,
daß dies den sicheren Tod bedeuten könnte
die totalitäre Auflösung, die Freiheit in sich
aus sich selbst heraus
Ich möchte frei sein
freier als frei
und wäre ich eine Taube,
würde ich immer von innen
nach außen
aus und ein
und immer wieder zurück,
im schier endlosen Kreislauf
zwischen Leben und Tod
hin und herfliegen
Sichtbar sein für die Welt
unsichtbar für mich selbst
Ich möchte frei sein
freier als frei

© Marcel Strömer
[Magdeburg, den 24.06.2024]
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