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Gedichte über Krieg - Seite 134


Relikte der Vergangenheit

Gestern Abend kam Besuch,
es klingelte drei Mal.
Ich legte beiseite mein Buch,
merkte mir die Seitenzahl.
Der Bürgermeister kam,
er sprach von seiner Wahl.
Vor 3 Monaten er das Amt annahm
nun gäbe es eine neue Qual.

Im letzten Krieg, als der bald vorbei,
der Führer noch fest im Bunker saß,
war vor unserem Ort großes Kriegsgeschrei
als die Front kam, die keinen vergaß.
Weil der Feind mit Panzern näher rückte,
die Autobahn war leer und intakt,
man die Brücken mit Granatwerfern bestückte,
die selbst neuste Panzer geknackt.

Welle um Welle rollten die Ketten,
und wurden zu Schrott geschossen,
um noch etwas Deutschland zu retten,
durch jugendliche Volksgenossen.
Der russische General wiegte sein Haupt,
er vernahm die Verluste,
Stalin hat ihm den Humanismus geraubt,
sodass er siegen musste.

Drei Flugzeuge forderte der General,
bestückt mit Bomben zentnerschwer,
die zogen mit todbringendem Stahl
über die Verteidigungsstellungen her.
„Bomben ab!“ die Befehle platzten,
die Piloten klinkten sie aus.
Während sie die Kurve kratzten,
traf es unten Mann und Maus.

Im Schutz der Katjuscha-Raketen
ist ein T 34 seitwärts gewichen.
Salven nur die Baumkronen mähten,
er ist durch Dörfer geschlichen.
Er fuhr neben der Straße, im Nu,
die Karabiner konnten ihm nichts tun,
drückte er die Schützengräben zu,
der Kampf musste ruh‘ n.

Die Autobahn war offen und frei,
der russische Sieg sicher schien.
Der weitere Weg war Spielerei
zum Sturm auf die Festung Berlin.
Die Toten machten keine Sorgen,
in Gruben, gemeinsam oder alleine.
Der Umbetter aber hat sie geborgen,
von Hunderten Soldaten die Gebeine.

Und jetzt nach so vielen Jahren
manchem braven Häuslebauer
sich immer noch Funde offenbaren
mit einem furchtbaren Seelenschauer.
Der Bürgermeister ist immer dabei
und keiner kann ihm beruhigt sagen,
legt man wieder so ein Relikt frei:
„Das war die letzte aus jenen Tagen!“

30.11.2017 © W.R.Guthmann
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Der Kanonenofen

Im Testament stand: „Stein um Stein,
samt Dach und Kellermäuschen,
sollen ab heute Deine sein,
ich vererbe Dir mein Häuschen.“

Drei Wochen haben wir sortiert,
was wertlos und was lieb,
Erinnerungen wurden ignoriert
bis nicht viel übrig blieb.

Nur am Schornstein in der Zimmerecke
ein alter schwerer Kanonenofen stand.
Den Kindern erklärte ich die Zwecke,
die man einst für den Ofen fand.

Wenn die Schornsteinklappe gedreht
und die Asche Tür etwas geöffnet,
damit ein frischer Windzug weht,
wurde das Feuer mit Holz angezündet.

Oben das Teil, das glatte,
dort strich die Flamme vorbei,
das ist die kleine Herdplatte
auf der ein Wasserkessel stand.

Der Opa nebenbei Tischler war
zu Hause im eignen Heim.
Drum stand stets auf dem Herd
der Topf mit Perlenleim.

Es kamen Krieg und Inflation,
und der Ofen dann ins Lazarett.
Zum Heizen gab es nur Notration,
mancher verbrannte sein Bett.

Als im Winter 44 die Bomben fielen,
weil der nächste Krieg kein Ende fand,
mussten Kinder im Luftschutzkeller spielen
und nun dort der Ofen stand.

Er wärmte Vertriebene und die Werkstatt,
Erdölbohrer haben ihn schon getragen,
denn er machte sie warm und satt
in ihren Wohn- und Arbeitswagen.

Jahrelang heizte er Omas Küche,
hielt warmes Wasser stets bereit,
war ein Teil der besonderen Gerüche
und der Wärme zur Winterszeit.

Elektronik, Rohre und Heizungsrippen
haben ihn einfach abgeschoben.
Er diente schon so vielen Sippen,
im Museum ist er gut aufgehoben.

22.12.2017 © W.R.Guthmann
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