Gedichte über Ironie - Seite 118

Ich bin naiv aber gutgläubig
wie 90er Jahre Techno
Wenn einer in den Wald rein ruft
bin ich sofort das Echo

Brüllt jedweder eine Parole
einfach in den Raum hinein
Denk ich überhaupt nicht nach
und steige sofort darauf ein

Beim ‚alle Hände hoch‘
mechanisch wie ein Roboter
Nach eigener Meinung gefragt
hört man mich als Stotterer

Mein Chef der rutscht vom Stuhl
weil ich ihm das Arschloch leck
Auf der Arbeit vor Kollegen
ich mich oft darin versteck

Bin ein im Wind flackerndes Fähnchen
zeige gern was ein Anderer ‚nicht kann‘
Mache schlechte Rede immer hinterrücks
Schleimbatzen mit Ellenbogen dran

Mein Rückgrat ist aus Wackelpudding
mein Auftreten eine Blaupause
Obwohl ich Geld habe lass ich anschreiben
in unseres Dorfes Klause

Meine Internetperformance
ist noch schlechter als die von Lorenz
Fragen direkt an mich gerichtet
garantiere ich meinen Konsens

Es wäre schön es gäbe mich so selten
wie rufende Hähne auf alterndem Häuserdach
Doch zum Leidwesen meiner Mitmenschen
gibt es mich millionenfach


SzIgNm 22.12.2024

Mit Zahlen

Wird nur mit Zahlen operiert,
Sind Argumente leicht entführt.
Dadurch besteht nun die Gefahr,
Dass Gründe falsch und nichts mehr wahr.

Wie sollte man denn glauben können,
Dass Zahlen uns wahrheitsverwöhnen?
Statistikdeuter haben die Gabe,
Zu sagen, was gefälscht man habe.

Werden Zahlen ehrlich gepflegt
Und verständnisvoll selbst ausgelegt,
Gibt es für andere keine Gründe,
Daraus zu schmieden eine Pfründe.


©Hans Hartmut Karg
2025

*

Wie hohl und blechern es klingt, wenn wir sagen,
du lebst weiter in allem Erinnern.
Wir hören dein Schreien und Wehklagen!
Du wolltest dem Tod nur entrinnen.

Entrinnen dem Tod und der Angst, die schürte
die Angst, dass du Jetzt! die Chance verspielst
auf ein Leben in Liebe, Achtung, Würde,
und in Todesangst dein Leben verlierst.

Und doch war Hoffnung dein täglich Begleiter,
geflutet von Angst, verließ sie dich nie.
Sie sagte, wie du, das Leben geht weiter,
auch wenn an Grenzen du nicht wusstest, wie.

Dem "Freund und Helfer" vertrautest du friedvoll
in Todesangst und gedankenverwirrt.
Die Schergen, sie kamen in Scharen mit Groll -
Die Angst vor dem Tod hat sich nicht geirrt.

Die Rettung in Würde vom "Helfer in Not"-
getarnt die Gewalt in schamloser Lüge,
schürte die Angst vor dem Tod durch den Tod,
als grausam fielen die ersten Hiebe.

Soll ich an gewaltsamen Tod erinnern?
Sie werden auch mich noch zum Schweigen bringen.

Lehn dich nicht aus dem Fenster,
sagt die Vorsicht, bleib unsichtbar.
Nicht das, was 'du' siehst -
gesehen werden bringt dich in Gefahr.

Siehst du, wie schon die Finger
wie ein Gesetz auf dich zeigen?
Dahinter die Gesichter,
die ihre Namen verschweigen.

Siehst du, sagt die Absicht,
wohin drei ihrer Finger zeigen?
Ihr Schweigen wird bröckeln;
nicht die Lüge, Wahrheit wird bleiben.

Weißt du, sagt die Wahrheit,
mich tragen so viele Gesichter,
ich bin in allem ein Körnchen -
doch ist jeder ein Richter.

Siehst du, sagt der Richter,
ich habe so viele Vertreter;
in Wahrheit ist Wahrheit
in Recht und Gesetz viel diskreter.

Siehst du, sagt das Recht im Gesetz,
ich bin Gesetz für jeden -
für einige Segen,
andre müssen mit Unrecht leben.

Siehst du, sagt die Vorsicht,
was bringt's, sich aus dem Fenster lehnen?
Es ändert sich nichts,
Recht und Unrecht wird es immer geben.

Weißt du, sagt die Absicht,
ich will sichtbar am Fenster bleiben -
das Körnchen Wahrheit wird
auch im Unrecht Blüten treiben.