Gedichte über Fantasie - Seite 126

Die Sehnsucht treibt ihn, fast wie Schmerz.
So gern verschenkte er sein Herz.
Er träumt davon nicht nur im Bett:
Ach wenn er nur ein Mädchen hätt'!

Ein Mädchen nur für ihn allein,
wie tät er mit ihm glücklich sein.
Wie seine Mutter ihm einst riet,
schrieb er sogar ein Liebeslied.

Fast überall hat er gesucht,
so oft sein Schicksal schon verflucht,
weil es ganz einfach nicht geschah.
Gar nirgends er sein Mädchen sah!

Jetzt sitzt er unterm Apfelbaum,
denkt immer noch an seinen Traum,
beißt herzhaft in die süße Frucht.
So lange hat er nun gesucht.

Da plötzlich er 'ne Stimme hört:
"Nur nicht so heftig, he - wer stört?"
Der Apfel ist mit Wurm bestückt.
Er schaut ihn an und ruft verzückt:

"Sag bist du wohl der Made Kind?
Ach, dass wir nun zusammen sind.
Ich glaub es kaum, ja oder nein?
Sag, willst du jetzt mein Mädchen sein?"


© Greta Hennen

Ein Fuchs schlich verstohlen durch den Wald
Zeit zu fressen wurde es bald

Da erblickte er auch schon einen Hasen
und denkt:

„Bevor ich anfange zu hetzen und zu rasen
wirst Du in eine Falle nun gelenkt

Dort drüben ist das Gestrüpp ganz dicht
es umringt einen hellen Platz im Licht

wenn ich Dich dorthin jage
gibt‘s kein Reißaus aus dieser Lage“

So sprang er aus seiner Deckung
mit voller Körperstreckung

und trieb den Hasen zu dem Ort
wo es gab keine Rettung, kein hinfort

Plötzlich hoppelte der Hase hin und her
auf dem Platze kreuz und quer

der Fuchs schnellte hinterher

Doch - ach - mit dem Sprung, dem letzten
hatte er einen Busch mit Dornen überseh‘n

Der Hase jedoch hatte kein Mitleid mit dem Verletzten
und wurde nicht mehr geseh‘n

Die Falle hatte er längst durchschaut
Tags zuvor im Gestrüpp einen Weg erbaut

Dem Fuchs blieb versagt sein Abendmal
Und nun hier in Kürze die Moral:

Als Fuchs, der List und Lüge kann:
Leg Dich nicht mit schlauen Hasen an

© jogdragoon