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Gedichte über das Böse - Seite 55


Was aus dem Christkind wurde (Eine schlimme Elegie)

Was aus dem Christkind wurde
( Christus am Kreuze oder Some peoples per million)

Folter

Dieses Wort ist hergeleitet
Aus Furcht und Angst wird es zubereitet
In unserer Sprache steht es zur Wahl
Erleidet der Mensch zum Beispiel Seelenqual

Damit ist meist gemeint, dass man des Glücks entrückt
Bestenfalls gebraucht man es dann,
Wenn nicht unmittelbar klar,
Wann wieder rosarote Zukunft unser Sein beglückt
In unserem Kulturkreis gibts die Folter nicht allzu oft
Das zumindest der liebe Mensch für sich still und innig hofft

Am Common sense vorbei
Ist uns Folter erst Mal einerlei
Sie berührt uns allerhöchstens tangential
Regt uns nur selten zum Grübeln an, wirkt dann aber auf unser Gemüt fraktal

Dabei trifft die Folter den Menschen tief
Mit unserem Frohsinn liegt man da recht schief
Eine Tür die man nicht gern durchschreitet
Weil sie manch Menschen Geist bis in die tiefe Nacht begleitet

Sie dient nur dem als Mittel
Der sich erhebt wie ein weißer Kittel
Über alles was uns Rechtens scheint
Wenn es nur den seinen Willen eint

Folter stört den Menschen in jeder Regung
Erfasst ihn in seiner tiefsten Seinsbewegung
Und ruft dessen Lebensgeister an
Auf das der Folterknecht diese dann zerstören kann

Schrecken wohnt der Folter inne
Auf das des Gefolterten Lebensmut zerrinne
Man führt ihn geschickt bis zu dem Punkt
An dem Körper und Geist ein Signal des Endes funkt

Dort belässt man ihn für eine Zeit
Bis er zur Kooperation bereit
Gleich welcher Art die dann ausfällt
Ist es um die Gleichmut schlecht bestellt

Was die Folter meist bezweckt
Wobei das Leid stets auch durch wissenschaftliche Neugier geeckt
Ist die Beugung des Gefolterten um jeden Preis
Auf das er erlahme, sich sein Lebensglück als endend sonst erweis

Gefoltert wird der Körper
Gefoltert wird der Verstand
Der Folterknecht ist meist ein Gestörter
Dessen Seele längst innerlich verbrannt

Des Geistes helle Götterfunken
Erweisen sich als Kräfte, die in bösen Wesen stecken
Wenn des Menschen Willen dazu herabgesunken
In Artgenossen Todesangst zu wecken

Folternd
Polternd
Klagend Fragend
Tiefe Ängste in sich tragend
Wird der Mensch ganz stumm
Wenn der Folterknecht geht um

Furcht, Angst und tiefer Schmerz, finden aufgereiht, von einem zu andern
Genau vorbereitet von einem Herrn mit Anspruch auf das Recht
Wobei Unglück und Fluch auf demselben Wege wandern
Und beides zu Pein und blankem Grauen vorwärts prescht

Man wünscht den Tod herbei
Wenn die Folter will nicht Enden
Das Leben wird ganz einerlei
Wenn man in des Folterknechtens Händen
Dem das Quälen Freude macht
Dem der Irrsinn aus den Augen lacht

An Seele mag man nicht mehr denken
Die ist nämlich schnell zerdrückt
Wenn sich die Nebel roten Blutes niedersenken
Wenn das Gehirn dem Wahnsinn näher rückt

Gezielt dem Körper, dem Geist Schmerz zuführen
Die letzte Zuflucht des Seelenheils aufspüren
Jeden Anflug von Glück ins Negative steuern
Jede Hoffnung mit banger Realität befeuern

Alles Positive in Untergangsstimmung versenken
In die Richtung von Überlebensqualen lenken
Den Menschen bis zum Nichts erniedrigen
Sich an seinem Sein befriedigen
Luft in die Schädelkalotte pumpen
Mit Strom in Nervenbahnen funken
Körper mit Eiswasser verkühlen
Den verdorbenen Forschergeist des Menschen fühlen

Das Gute niemals siegt
Selbst wenn des Folterknechtens Lüste und Ziele langsam schwinden
Wenn er das Schicksal des Gefolterten zwischen Abscheu, Hass und Mitleid wiegt
Und seine eigene Seele bereit zur Ruhe zurück zu finden

Was für ein Licht, in was für einem Staat, muss da strahlen
Selbst wenn es durch Schatten verdunkelt
Was muss das für ein Preis sein, den die Menschen dort bezahlen
Ist es wirklich Recht, von dem man da munkelt?

Die Schwärze der Seele kennt man kaum
Wenn sie im bösen Traum

Beinah banal die Frage nach dem Grund
für den offenen Höllenschlund …


Auris Caeli, im Oktober 2021
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Entschuldungsargumente für Massenmörder?

Entschuldungsargumente für Massenmörder?

Irgendwie, irgendwann, irgendwo
Sind auch diese Menschen entstanden,
Brannten in diesem Leben lichterloh
Und mordeten in ihren Landen.

Banal und trivial ist immer das Böse,
Ein freies Lachen von Mördern ziert nie ein Bild.
Nichts zeigt Anspruch und wahre sittliche Größe,
Unmenschlichkeit trägt ihr eigenes Schutzschild.

Und hinterher hat wieder keiner geglaubt,
Dass so etwas hätte wahr werden können an Orten:
Mit Hitler, Stalin, Pol Pot wurden geraubt
Millionen Menschen ihr Erdleben durch Morden.

Die Entschuldungsargumente sind Legion
Und lassen sich von Würdigen kaum begreifen,
Wie man innerlich so verbohrt, mit schlimmer Passion
Die Aggressionen und Machtgelüste ließ reifen.

Bei Hitler war immer die Mutter zu jung,
Der Vater zu alt, wollte kein Kind mehr haben.
Doch der Trieb hielt die Gewalt mächtig in Schwung,
Den Mitläufern reichten aus seine trivialen Gaben.

Bei einem anderen war es scheinbar die Zeit,
Welche vornehmlich Tyrannenverhalten begünstigt',
Weil Mitmenschen dort für seinen Zeitgeist bereit –
Und die Zeit eben auch wieder einmal blutrünstig.

Und dann gibt es wiederholt das Totschlagargument:
Der Massenmörder wäre geschlagen worden.
So befreit man wenigstens für einen Moment
Taten vom Schrecken, übersieht das Leid, die Horden.

Das Millionenleid wird einfach ausgeblendet,
Als könnten Geist, Gewissen nicht NEIN sagen.
Da wird dann viel Begründungswissen verschwendet,
Als dürfte das Begreifen Verstehenssätze wagen.

Wieso ist dann ein Beethoven human geworden,
Hat die Brüder versorgt – trotz Mutter und Vater?
Weshalb zog Bach zu Buxtehude in den Norden,
Nahm als Waisenkind sich Musik zum Berater?

Viele Genies waren auch traumatisiert
Und haben doch menschlich gehandelt.
Dürer hat als Halbmigrant uns vorgeführt,
Wie man Geistreichtum in Kunst verwandelt.

Kein Mensch muss jemals das Böse übernehmen
Oder gar auf seine Lebensfahnen schreiben.
Er kann immer auch hin zum Gewissen reifen,
Will er befreiend aus den Niederungen hochtreiben.

Nicht einmal die Statistik ist's, die überzeugt,
Dass Massenmörder Teil des Menschengeschlechts,
Aus dem immerzu auch der Totenkopf äugt
Wo es nicht Teil bleibt der Sitte, des Rechts.

Da gibt es wirklich nichts zu entschulden,
Wenn ein Mensch zum Massenmörder abgleitet.
Man darf jene Pseudowissenschaft nicht dulden,
Die ein entschuldendes Achselzucken verbreitet.



©Hans Hartmut Karg
2022

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