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Gedichte über Alltägliches - Seite 169


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Herberge des Lebens

Ob letzter Blick sich wirklich lohnt
aufs Gästehaus, wo man gewohnt,
das sieht man erst, wenn letzte Tür
leis ins Schloss fällt - hinter dir.
Vor dir wabert´s , alles leer.
Sekundenlang siehst du nichts mehr.
Kommst dir vor wie´n kleiner Zwerg,
vor dieser Herberge am Berg.
Fühltest dich drin eingesperrt,
manch Blick hinaus, er schien verwehrt,
während du an Fenstern kreistest
und dir eine Umschau leistetst.

Dieses Haus hat viele Räume…
vor der Tür ein Wald voll Bäume…
und ein Dach, das ständig schützt,
wenn es rings gegrellt, geblitzt.
Doch du, Narr, wolltest gerne raus,
aus der Hut vom großen Haus.
Nun endlich scheint es dir gelungen,
Ausgangstür stand aufgeschwungen.

Nur ein Sprung, und du warst draußen.
Was blieb drinnen, was gibt’s außen?
Goethe sagt´s schon: Armer Tor,
du bist so klug als wie zuvor!
Und vor unbekannten Schergen
möcht´st in dem Haus du neu dich bergen.
Das geht nicht gut, ganz ohne Frage,
denn die Uhr steht spät am Tage.
Die Tür verschloss der Herbergsvater,
vor dir wabert´s wie im Krater.
Geh im Schritt, lass´ Stein um Stein…
plötzlich brichst du dann tief ein.

Ja, nun schreist du ganz vergebens.
Verloren ist das Haus des Lebens,
denn man hat nach langer Fahrt
dich irgendwie zur Tür gekarrt.
Dann wurdst du endlich rausgeschmissen,
aus dem Haus, das du verrissen.
Du siehst es grade noch soeben
über dir am Himmel schweben.
Wunderbares Domizil des Lebens.
Sage nie, es wär´ vergebens,
denn ein Wirt, dem das geboten,
sucht irgendwann, dich auszubooten.

Du versprichst, wie vor ´ner neuen Wahl,
dich zu zähmen nächstes mal.
Ein – nächstes mal? Das gibt es nicht!
Denn der Kernpunkt der Geschicht:
Das hat es niemals noch gegeben.
Jeder Mensch hat nur ein Leben.
So steht es wohl im großen Plan:
Fang mit dem einen etwas an!
Und in der Herberge der Lebenszeit
Tu nur das, was dich nie reut.


19.5.2014 Bln
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