Einfach stehen geblieben

Ein Gedicht von Tilly Boesche-Zacharow
(Schock am Telefon)

Ach, wie hab ich mich gefreut,
als nach ewig langer Zeit -
genau gesagt nach 60 Jahren –
wir wieder mal am Sprechen waren.
Von Lebensläufen wild bezwungen,
in alten Melodien gesungen.
„Weißt du noch“ und „Lang ists her“.
Wir erinnerten sogar die Mär
an jenes Kindergartenpärchen,
das verliebt war wie im Märchen.
Dich und mich – des Lebens Treiben…
Ach, wie toll, kaum zu beschreiben,
man die Zeit, wie es auch ging,
mit seiner ganzen Kraft auffing.
Aus jedem ist trotz Krieg und Morden
letztlich doch etwas geworden.
Gustav sagt mit breitem Lachen:
„Das soll uns einer mal nachmachen!
Ich sage dir, aus alt wird neu.
Ich bin wie einst so hitlertreu.
Was immer kommt und was wird gehen,
mit Adolf kann mir nichts geschehen.
Hab mich ihm, seit ich geboren
bis zur letzten Stund verschworen.“

Ich stand und spürt, ins Herz getroffen,
dass der Mund mir stand stumm offen.
Mir war, als würde man mich neppen.
Ich hör die Politik des Deppen,
der nichts begriff, nichts zugelernt,
Der ist ganz einfach stehn geblieben
…sein Leben lang nie ausgekernt,
fischt der ja immer noch im Trüben.
(2013)

Informationen zum Gedicht: Einfach stehen geblieben

1.140 mal gelesen
(4 Personen haben das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 2,8 von 5 Sternen)
1
10.08.2013
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige