Gedichte über Zeitgeist - Seite 48

Kaufen muss ich
alles neu
Leben kann so traumhaft sein
Spliss im Haar
vielleicht ein Problem
schon wieder kann ich shoppen gehn.

Winterschluss - und Ausverkauf
mein Leben ist ein geiler Rausch
mal Single Day
mal Cyber Week
ich glaub ich hab euch alle lieb
der Slogan weiß es
was ich kauf
auch wenn ich all das
echt nie brauch.

Ich hab alles
du hast nix
Gefrierbrand hat mein Hirn verhext
ich will alles
bin entsetzt
geh weiter shoppen
auch verletzt.

Ich bin es mir wert
mal nicht zu kaufen
in dem Konsum
mal nicht versaufen
bin mir gewiss
das schönste ist
das Beste nie zu kaufen ist.

MB

Geschundene Flächen

Steht der Einsame sinnend am Berg,
Schaut auf die Tauflächen der Wiesen herab
Und sieht so nur geschundenes Werk,
Weil Augen ihm keine Alternativen lassen?

So manches Mal erreicht die aktuellere Welt
Nicht mehr die Dankbarkeiten prallen Lebens,
Wenn sie doch nur auf Überhöhungen zählt,
Wo augenblicklich alles vergebens erscheint.

Geschunden ragen Schneebretter von den Bergen
Und nach und nach fallen Platten krachend nach unten,
Wo sich in Häusern, Schubladen und Fächern
Angstzustände häufen und längst eingefunden haben.

Ist's nicht schon wieder einmal an der Zeit
Für Klagelieder und warnende Propheten,
Die pausenlos verkünden unser Dauerleid,
Um Melodien nachzusingen der alten Veden?

Blüht uns da denn noch jenes Zutrauen,
Ein Lösungsdenken hin zu Strategien,
Wenn Verächter aus den Gräben feuern,
Abwürgend weiteres Denkbemühen?

Ja, die Natur wird sich schon trauen,
Das Unvorhersehbare weltweit einzubringen,
Doch niemals auf des Menschen Hände schauen,
Ob sie nun ruhen oder wortreich mit sich ringen.


©Hans Hartmut Karg
2020

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