Gedichte über Schmerz (Seite 90)

Das unlösbare Rätsel

Wie oft hab ich sinniert, gegrübelt
es mir dann selber meist verübelt
Ich konnt‘ mich winden und mich dreh’n
und es am Ende nicht versteh’n

Da ließ ich’s los und gab’s dahin
mir stand danach nicht mehr der Sinn
Da hat sich doch etwas gezeigt
und ich hab' mich ganz still verneigt

Im Zen-Buddhismus werden solche unlösbaren Rätsel (Koans) oft zur Schulung gegeben und geübt. Wenn man die Reflexion irgendwann lässt, offenbaren sich manchmal direktere und spontane Gegebenheiten. Das Leben selbst gibt uns aber auch diese Rätsel auf, so dass man auch ohne eine Tradition sich daran erproben kann.

Abchied nehmen

Abschied nehmen fällt uns schwer
man fühlt sich so allein und leer
Das Leben hat uns jemanden genommen
wir wissen, er wird nie wieder kommen

Wir brauchen oftmals lange Zeit
um zu verkraften unser Leid
Nie mehr wird's sein wie's einmal war
nur die Erinnerungen sind noch da

Die Erinnerungen kann uns niemand nehmen
bis Lebensende werden sie mit uns gehen
Erinnerungen die uns nicht loslassen
werden mit der Zeit jedoch verblassen

Und trägst du jemanden tief in deinem Herz
verspürst du immer wieder diesen Schmerz
Wenn jemand geht, wirst du immer leiden
doch die Spuren der Liebe werden ewig bleiben

Im Luftschutzbunker

In der Dunkelheit
Furcht uns erfasst
eine Erschütterung.

Blicke zur Tür
Schritte näherkommen
ein Aufschrecken.

Sie flüstern
angsterfüllte Mienen
ist es Zeit?

Gehe zurück
greife ihre Hand
halt sie fest.

Erneut eine Erschütterung
sie schrecken auf
doch gefangen, nicht fliehen.

Nicht endend die Angst
die Dunkelheit bedrückend
Erschütterungen und Rufe.

Über uns ein Flammenmeer
der Tod bedrohlich
verzerrt der Geist.

Und ich umschließe
unsere Hände gefestigt
noch einander Hoffnung.

Im Morgengrauen
Ende des Bombardement
in kalter Dunkelheit.

Einander fest umschlossen
sie öffnen den Bunker
die Sonne warmes Licht.

Enttäuschung

Enttäuschung

Vertraut, sich verlassen
Zusammen gelacht
Gemeinsamkeiten entdeckt
Herzen geöffnet
Seelen so vertraut
So viel Labsal für die Seele

Doch dann, plötzlich
So einseitig, unverständlich
Ohne Erklärung, einfach so
Alles gewesene, weggewischt
Ein Handstreich, alles vorbei
Was nun noch bleibt

Eine große Enttäuschung
Lasse mich von ihr verletzen
Durchlebe sie intensiv
Um damit schneller wieder
Fertig zu werden
Um wieder weiter zu gehen

© Ingelore Jung
25. Januar 2019

wo bist du jetzt

ich liebte dich seit meiner Kindheit
und fand dich immer toll
du warst mein Held
ich habe dich nie im stich gelassen
als ich kleiner war.

ich möchte dich lieben
doch ich bin verschwunden
ich finde mich nicht alleine
ich weiss es nicht mehr
wie es war als ich dich liebte

ich möchte dich lieben
ich kann diesen schmerz
nicht mehr stand halten
du weisst es, siehst es in meinen augen
doch du tust einfach nichts

wo bist du jetzt?
wieso tust du nichts?
ich halte mich zurück,
sodass du dich mir nähern kannst.
doch die nähe nehme ich nicht mehr wahr.

ich halte es alles
doch du bist nicht mehr da
ich fühle mich gefangen
in deinen taten, die sich nicht erklären
lassen, weil du sonst wo bist.

doch ich weiss dass du noch irgendwo da bist
doch ich sehe es noch nicht ein
bitte gib mir zeit
ich brauche zeit
und ich brauche dich. ich liebe dich Papa.

Gedichte über Schmerz - Seite 90

Das unlösbare Rätsel

Abchied nehmen

Im Luftschutzbunker

Enttäuschung

wo bist du jetzt