Gedichte über den Menschen - Seite 240

In jedem Baum da atmet Leben,
ein jeder Baum kann dir was geben
Nicht nur symbolisch hat er Kraft,
er hat auch eine Eigenschaft

Ein ganz bestimmtes eig’nes Wesen,
woran so manche Seel’ genesen
Man mag im Herzen offen sein,
hochachtungsvoll berühr’n allein

den Stamm, die Rinde – und empfangen,
ohn’ das Geringste zu verlangen,
Verbringe nur ein wenig Zeit
in seiner Nähe, sei bereit

Die Birke gibt dir Leichtigkeit,
der Apfel eine Festigkeit
Der Ahorn lässt dich mehr vertrau’n,
die Esche in die Zukunft schau’n

Die Eiche spendet inn’re Macht,
Wacholder konzentrierte Kraft
Die Weide kann dich inspirier‘n,
die Eibe hilft sich orientier‘n

Die Linde hat nicht wenig Liebe,
die Buche schöpferische Triebe
Die Espe lässt dich Feines wittern,
mit Erlen wirst du nicht verbittern

Die Bäume sind die wahrhaft Alten,
mit ihnen können wir entfalten,
was an Reichtum in uns ist
Erkenn’ in ihnen, was du bist!

Wer klettert so spät auf Papas Schoß,
klein Irmchen ist´s,wann schläft sie bloß?
Sie schmiegt sich ängstlich in seinen Arm,
siehst Papa nicht Peter,in Mamas Arm?

Mein Kind,mein Kind,mach kein Gezeter,
es ist noch nur ein Freund,der Peter.
Papa oh Papa nun küsst er sie auch,
und streichelt ihren nackten Bauch.

Mein Kind, mein Kind,so fürchte dich nicht,
die Mama liebt doch,nur dich und mich.
Papa mein Papa,ich glaube das nicht,
sagt sie mit Tränchen im Gesicht.

Dem Papa ward klar,sein Irmchen war in
Gefahr,rief und weckte,die schlafende Mama.

Sie kam gerannt in ihrer Hand ein Fieberzäpfchen,
und legte Irmchen wieder in´s Bettchen.
Alles sah sie nur im Fieberwahn,
weil Mama und Papa sich abends vor ihr gestritten ham´.

Was sagt uns diese Geschicht´,streitet vor eueren Kinder nicht,da sie es werden es nicht versteh´n,
bekommen nur Angst,dass ihre Eltern auseinander geh´n.

Es heult der Sturm mit schrillem Ton
durch Wipfeln und durch Gassen,
doch Opa bleibt gelassen;
er geht mit seinem Enkelsohn
hinaus, den Kerl zu fassen.


Sie spreizen ihre Arme aus
um in der Luft zu liegen,
es fühlt sich an wie fliegen,
wenn sie ganz schräg in dem Gebraus
die Schwerkraft keck besiegen.


Sie blähen ihre Backen auf
um dann mit weitem Rachen,
wie einst die Urzeitdrachen,
durch starkes Prusten und Geschnauf`
selbst Winde zu entfachen.


Welch ein bizarres Traumlandbild,
wenn beide kichernd lallen,
Frohlieder laut erschallen,
vom Baum, der herbstlich überquillt,
„Blattschmetterlinge“ fallen!


Der Opa und sein Enkelsohn
bekommen kalte Nasen,
doch sonst macht Spaß das Blasen.
Den Sturm auf seinem Freiluftthron
bringt das noch mehr zum rasen!


(© Friedrich Graf)