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Gedichte Über Maschine


Der Jahrmarktsteller

Unser Nachbar war einst reisender Schausteller,
mit dem rasenden glatten Jahrmarktsteller.
Das war eine Scheibe ganz spiegelglatt,
die keine Rille zum Festkrallen hat.
Die Fahrgäste setzten sich in die Mitte
und unser Nachbar rief: „Festhalten bitte!“
Als er den Schalter ruckweise nach vorne legte,
die Scheibe sich langsam drehend bewegte.

Der Schalter wurde in Stufen gebogen,
die Scheibe ist schneller losgezogen.
Schreie gellten durchs flimmernde Land,
die ersten rutschten über den Rand.
Die letzten Drei, es waren mutige Frauen,
ließen ihre Röcke wehen, da konnte man schauen.
Doch nur kurz war das Vergnügen,
obwohl sie eingehakt, sah man sie zur Seite fliegen.

Manche Burschen hielten länger aus
und flogen wie Raketen raus.
Jahrelang gabs auf dem Rummel dieses Spiel,
dann wurden Unkosten und Vorschriften zu viel.
Der Nachbar gabs auf mit dem hölzernen Teller
und stellte ihn hochkant neben den Keller.
Schwerkrank sagte er: „Bevor ich sterbe,
ich den Teller und alles dir vererbe.

Vielleicht hast du irgendwann den Mut
und das kleine Quentchen Schaustellerblut,
das der Künstler nennt sein eigen,
um es der ganzen Welt zu zeigen.“
Mein Blut gab manch Krankem Halt,
mir fehlte der Mut und ich wurde alt.
Doch im Sommer, in sternklarer Nacht
Habe ich anfangs an die Drehungen gedacht.

Doch warum so schnell geschafft
und warum mit Zentrifugalkraft ??
Langsam geht die Welt zugrunde,
da vergeht noch manche Stunde.
Im Garten stellten wir den Teller auf,
schön horizontal mit langsamen Lauf.
Auf dem hölzernen Tellerrand wurden Liegen montiert,
mit Schlafsäcken, damit keiner friert.

Ist der Himmel nachts am wolkenlosen blauen
wir Interessenten in die Sterne schauen.
Auf dem Rücken liegend und in die Ferne sehend
verfolgen wir das Weltallgeschehen.
Ein Beispiel will ich nennen,
das nur die wenigsten kennen.
Anfang Dezember, ist es geschehen,
man konnte am Himmel angebliche Ufos sehen

Ein Lichtpunkt war am Firmament,
den hätte jeder gleich verpennt.
Doch während wir Cracker verzehrten
Sich hoch oben die Lichter vermehrten.
Es wurde eine lange Lichterkette
und erregte manche UFO Wette.
Ein Anruf bei der ESA hat ergeben,
60 Nachrichtensatelliten bekamen ihr Leben.

08.12.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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Die Hörgeräte

Leise wollte auf die Welt ich kommen.
Da die Hebamme kein Wort vernommen,
klatschte sie auf den Po mir fein
und ließ mich so ins Leben schrei‘ n.

Der Lehrer in unserer Klasse der Frechen,
wollte, dass wir laut und deutlich sprechen.
Die Erwachsenen sollten uns nicht nur sehen,
sondern unsere Sprache auch verstehen.

In der Lehrzeit als Azubi war es Pflicht,
dass man laut und höflich spricht.
Kannte man die Kunden auch wie alte Latschen,
hieß es laut und verständlich quatschen.

Nicht gerade höflich, doch dafür laut,
hat die Armee mich aufgebaut.
Der Ausbilder schrie wie ein Stier,
dabei stand er neben mir.

Beim Studium laut im Hörsaal reden,
ohne Mikro traf es einmal jeden.
Man musste die Hübschen und Schönen
bei ihrem Flirten übertönen.

Die Arbeit wurde leichter, wie es schien,
doch Maschinen lärmten, alle schrien.
Als erste sagte meine Braut:
„Du, du schreist so laut!“

Die Ehefrau mahnte später: „Ruhe!
Die Kinder schlafen in der Truhe.“
Ein Telefon musste ich nicht buchen,
nur Fenster auf, die Richtung suchen.

Als der Betrieb ward umgebaut,
hieß es plötzlich: „Du sprichst zu laut!“
Selbst ins Bordell durft ich nicht rein,
mein Stöhnen wär schädigendes Schrei‘ n.

Ich selber hab bald dumm geschaut,
mich zu reden kaum getraut.
Da hörte ich meine Nachbarn sagen:
„Du müsstest HNO mal fragen.“

So begann mein Weg der Leiden,
den ich eigentlich wollte vermeiden.
Da der Hausarzt meine Stimme kannte,
ich gleich zum HNO-Arzt rannte.

Dort bohrte man in meinen Ohren
und hat das alte Schmalz geboren.
Dann schoben sie mich ins Separee,
und lehrten mich das ABC.

Vom leisen Affen bis zur lauten Ziege,
das Lexikon ich über Kopfhörer kriege.
Dazu Frequenzen auf schonende Weise,
doch für mich war alles zu leise.

Deshalb schrieb man auf die Schnelle
ein Protokoll an jener Stelle.
Das ergab dann mit Verlaub,
ich kann nichts hören, ich bin fast taub.

Und ich sollte mich bewegen
und mir ein Hörrohr schnell zulegen.
So eines, wie ich es gesehen hätt,
im Fernsehen bei Opa Hoppenstädt.

Ich machte deshalb nicht viel Wind
und eilte zur Akustik-Firma geschwind.
„Guten Tag, treten sie ein,
darf es etwas zu trinken sein?“

Hut und Mantel an den Nagel kommen
und dann wird kurz mal Platz genommen.
Wieder geht es ins Separee
und wieder höre ich das ABC.

Wieder gibt es ein Protokoll,
auch sein Ergebnis ist nicht toll.
Dafür formte man schon
meine Ohrmuscheln aus Silikon.

Wir sehen uns wieder in einigen Tagen,
dann werde ich Geräte zur Probe tragen.
Die Tage vergingen viel zu schnell,
schon stand ich wieder an der Stell.

„Das Rote rechts, das Blaue links,
nicht vertauschen, dann gelingt‘ s.“
Gemeint war jener Muschelpunkt,
der gleich in jedes Ohr getunkt.

Der Verstärker zu verstärken beginnt,
fremdes Geräusch mir durchs Gehirne rinnt.
Ich hör nun plötzlich solche Sachen,
die teils Spaß, teils Ärger machen.

Regler rechts und Schalter links?
Beides gleich ist neuerdings.
Keine Schwiegermutter wird mehr stören,
ich kann sie nun von weitem hören.

13.02.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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