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Gedichte über Liebe - Seite 329


Kleine Clowns

Ich sehe das meine Frisur passt. Das der Scheitel
stimmt. Das jedes Haar genau liegt. Und alles perfekt
ist. Und nur schön aussieht! Und dann ein kleiner
Windstoß. Und alles ist vorbei. Und ich denke so nach.
Über den kleinen Clown. Der mit dem Wind spielt.
Mich in den Arm nimmt. Und ein Freund sein will.
Und ich muss lächeln. Über das was ich vergessen
habe. Über das was mir wichtig ist.

Ich sehe das meine Schuhe sauber sind. Ohne den
kleinsten Fleck. Das sie glänzen. Und das sie passen:
„Zu diesem Tag! Zu meiner Stimmung!" Und dann
ein Tropfen Regen. Und alles ist vorbei. Und ich
denke so nach: "Über den kleinen Clown. Der mit
dem Regen spielt. Mir in die Augen sieht. Und mich
träumen lässt. Und ich muss lächeln. Über das was
mir wichtig ist. Über das was ich vergessen habe.

Ich sehe das meine Jacke richtig sitzt. Und das die
Farbe stimmt. Und sie die richtige Form hat. Und das
sie nett erscheint. Und richtig gut wirkt. Und dann
sehe ich wie ein Blatt fällt. Und ich muss tanzen.
Und lächeln. Über den kleinen Clown. Der mich
ansieht. Und mir sagt: "Lass mich nicht fallen! Und
ich zeige Dir die Kunst! Das was wichtig ist! Und
was Du nicht vergessen solltest!

Ich sehe das Leben immer klarer. Mit all seiner
Wahrheit. Mit dem kleinen Clown im Wind. Mit
dem kleinen Clown im Regentropfen. Mit dem
kleinen Clown im fallenden Blatt. Und ich muss
lächeln. Über die wichtigen Dinge. Über den kleinen
Clown. Und das er immer leben sollte. Mit jedem
Tag. Bei jedem Mensch der mir begegnet. Bei jedem
Augenblick den ich geniesse. Mit jedem Danke
das ich sage.

Klaus Lutz
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Das Urteil

DAS URTEIL

Wie der Oberamtsschreiber die Augen verengt
und den Federkiel über das Pergament lenkt,
das Urteil zu schreiben, das am nächsten Tag
vollstreckt werden soll – so hat man ihm gesagt.
Ein Wort nur soll fehlen auf diesem Blatt:
jenes Wort, das Auskunft gibt über die Art
von Erden zu scheiden – dem Delinquenten steht‘s frei,
den Tod sich zu wählen, welcher immer es sei.

Im Herzogtum Loonborg steht ein Mann,
und gebeugt, voller Scham, hört den Fürsten er an.
Des Verbrechens beschuldigt, das aus Leidenschaft
er beging, als die Klinge mit all seiner Kraft,
mit Wut, Eifersucht und dem Schmerz, der ihm blieb,
in das Herz seines Nebenbuhlers er trieb.
Vor den Toren steht flehend sein Mädchen und klagt:
Nicht ihn, sondern sie, soll man richten bei Tag.

Der Fürst, hörend, was die Treulose verlangt,
bedachte auch, was er dem Manne verdankt:
Des Schuldigen Mühlen, dessen Korn, dessen Schrot
ernährten den Fürsten und gaben ihm Brot.
Gleichwohl musst‘ er richten, nach jenem Recht,
das beschlossen einst ward, in seinem Lande; drum schlecht
stand‘s nun um den Mann, der sein Leben vor Ort
in des Fürsten Hand legte. Die Anklage: Mord.

„Sterben müsst Ihr, das wisst Ihr. Nicht Bitten und Fleh‘n
bewahren Euch davor, den Henker zu sehn.
Jedoch stell‘ ich Euch frei, wie vor Gottes Gericht
Ihr treten wollt und widerspreche dem nicht.
Doch bedenket: Der Galgen trägt Eurer schon zwei,
nur die Guillotine und das Rad wären morgen früh frei.
Das Schwert muss zum Schmied, es zu schärfen tut Not.
Wollt Ihr‘s dennoch, dann wird es ein fransiger Tod.“

„Mein Fürst“, sprach der Mann, „wenn ich schon wählen darf:
die Guillotine? – Zu französisch! Und das Schwert ist nicht scharf.
Kommt Wind auf, dann beutelt der Strick mich gar sehr.
Und das Rad, verzeiht, quält meinen Rücken noch mehr.
Darum wähle ich – so ist‘s in meinem Dorf Brauch –
den gewöhnlichsten Tod, und diesen wünsch‘ ich Euch auch:
Er kommt nach dem Speisen, nach Wein und Gesang
eher sanft und im Alter und dauert nicht lang‘.

Des Fürsten Wort galt, und er ließ den Mann zieh‘n,
in die Arme seines Mädchens, in sein Dorf, und ihm schien,
jener Mann war gemeint, als nach etlichen Jahr‘n
er die Kunde eines friedvollen Todes vernahm.
Ein Mann sei verblichen und im Testament,
das er schrieb, wär‘ der Name des Fürsten erwähnt.
Er bekäme, so steht es geschrieben, als Dank
ein Stück Brot, etwas Wein und den Wunsch: ‚Lebe lang!‘
Als der Oberamtsschreiber die Augen verengt
und weicher als sonst seinen Federkiel lenkt,
schreibt er, unmerklich lächelnd, auf ein Papier:
‚Ruh‘ in Frieden! Der Fürst und ich wünschen es Dir.‘

© Kai S. Guenzel
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