Gedichte über das Leben (Seite 189)

Rückblick

Was hab ich nicht alles gelesen an Texten,
den Gott geliebt und auch meinen Nächsten,
geschuftet, gebetet, gestrebt und gerungen
und immer mein eigenes Lied auch gesungen

So langsam begann ich die Briefe zu lesen,
die längst schon geschrieben und da gewesen
in Bäumen und Winden, in Flüssen und Seen,
in Tieren und Menschen, in Feuer und Feen

Was ich so gelesen zwischen den Zeilen
von großem Drang und vielerlei Leiden,
da wurde mir kostbar der Frieden hier
Das Lassen, ein Tor zur mir und dir

Das Wetter spielt ständig verrückt

Das Wetter spielt ständig verrückt
erst kühl, und dann die Hitz die drückt
Ich frag mich, was ist nur gescheh'n
das hat man früher nie geseh'n

Was hat der Mensch nur angestellt
erkrankt ist diese schöne Welt
Vergangenes kommt nicht zurück
die Welt stirbt täglich Stück für Stück

Wir haben diese Welt zerstört
obwohl sie gar nicht uns gehört
dafür zahlen wir irgendwann
auch der, der gar nichts dafür kann

Der Mond ist aufgegangen

Der Mond ist aufgegangen
sein Schein hält mich gefangen
mit einem Lächeln steht er da
in dieser Nacht so hell und klar

Ich glaub, ich sehe sein Gesicht
bild' ich's mir ein oder doch nicht
ich liebe diese helle Nacht
wenn mich der Mann im Mond anlacht

So schlaf ich ein in aller Ruh
er schaut vom Himmel hoch mir zu
und wenn er dann über mich wacht
schlaf ich himmlisch die ganze Nacht

Kein Mensch ist deiner Tränen wert

Kein Mensch ist deiner Tränen wert
schon gar nicht der die Schuld dran trägt
und hast du ihn noch so geliebt
lass ihn laufen den Herzensdieb

Den Schmerz wirst du auch überstehn
und dir wird's dann viel besser gehn
Schau stets nach vorn und nicht zurück
such's nicht, es findet dich dein Glück

Wer bist du?

Figurine - oder wer bist du? zu einem Werk von Martin Leonhardt, September 2017

Du - schöne junge Frau -
wie stolz Du da stehst
in deinem langen Gewand

Sag, bist du das - stolz?
Oder ist es nur mein Blick,
der den Stolz in dir sieht?

Wer bist du wirklich?

Deine Haltung – würdevoll,
kerzengerade wie man sagt
deiner selbst bewusst

was du kannst, was du willst,
was du ablehnst, was du suchst,
was dir gefällt und was nicht

Oder stellst du dich „bewusst“ anderen so dar
ein wenig distanziert, abwartend zugleich
Überblick bewahrend

geschützt damit vor zu viel Nähe,
zu schneller Ansprache,
der Gegenwart ein wenig entrückt

Oder zeigst du hier
frisch fröhliche Neugier auf die Welt
wie sie der Jugend entspringt

mit Lust den Aufbruch wagen
aus dem sicheren Hafen des Bisher
sich selbst entdeckend in die Zukunft hinein

Das Eigene in die Gegenwart eintragen,
und gestalten,
was wir Leben nennen

Wer bist du?
Wer bin ich?
Wer sind wir?

Gedichte über das Leben - Seite 189

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Das Wetter spielt ständig verrückt

Der Mond ist aufgegangen

Kein Mensch ist deiner Tränen wert

Wer bist du?