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Gedichte über Krieg - Seite 96


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Lied zur deutschen Einheit

Was habt ihr verloren, ihr seligen Leute,
Jetzt fällt hinein die grausige Meute;
Groschen und D-Mark, sie heulen schon,
Ihr wünschtet euch schließlich diesen Lohn.

Ihr kauftet ein die Apfelsinen,
Doch nun sieht man es euch an, an eueren Mienen;
Wolltet ihr etwa die Arbeitslosen,
Oder gelüstete es euch nach Lottoglückslosen.

Warum ändert ihr die Geschichte nicht,
Was zwang euch untertan zu sein, so spricht,
Warum träumt ihr von hohen Wohnungsmieten,
Der Eigner wird euch das Billigwohnen verbieten.

Für vierzig Mark in zwei Zimmern zu hausen,
Die Marktwirtschaft wird über euere Köpfe brausen
Und manches Glück zertreten;
Möchtet ihr dann auch wieder zu einem Gotte beten.

Warum trog euch euer Selbstvertrauen,
Hattet ihr zu einem alternativen Sozialismus überhaupt
kein Vertrauen?
Oh tapferer Arbeiter drüben sprich!
Warum betrügst du uns und ebenfalls dich.

Das Soziale nämlich der Marktwirtschaft,
Hat vielen von uns Westdeutschen geschafft;
Ihr saht bloß den Schein unserer Welt,
Doch vergaßt ihr, ein "Noske" hat stets bis heute gebellt.

Warum habt ihr euerem Marx nicht geglaubt?
Warum ist er in Bürokratenhirnen verstaubt?
Ließe sich mit ihm eine neue Zukunft nicht wagen?
Nun müßt ihr das gemeinsame Leid mit uns Westdeutschen
tragen!

Ihr hattet wahrlich eine stolze Revolution,
So friedlich und machtvoll in eurer Nation;
Schon aber wendet ihr euere Wende;
Unsere Tradition aber ist die eine Erich Mende.

Das Wirtschaftswunder wünschtet ihr zu haben,
Ihr wolltet euch am Rockzipfel von Ludwig Erhard laben;
Warum zwangt ihr den Goliath nicht zum Kampfe?
Warum sangt ihr nicht neue Demokratie zur Klampfe?

Auch ihr hattet die Einheit verletzt,
Weil euch Schwarze zu Zeitrekorden der Einheit gehetzt;
Nun aber trinken wir auf unser gemeinsames Wohl,
Und wählen ab im Dezember, den Helmut Kohl.
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C. Vier Herren: Walter, Wotan, Werner und Winfried

Gelegentlich einen Schoppen Wein oder einen Humpen
Schaumiges anhebend, philosophieren und politisieren die Herren über die Schlechtigkeit der Kulturkritik und die Gutartigkeit der Gegenwartsgeschichte und lernen so einander kennen.

Walter:
Ich heiße Walter und habe vier Gesellen:
Den ersten lasse ich beständig laut bellen,
Den zweiten das Bellen austreten,
Den dritten den Begriff der bürgerlichen Freiheit laut beten;
Und der vierte, dies ist jetzt mein Meister,
Und dieser bellt immer lauter, stets feister.

Wotan:
Möchte sprechen, schweigt aber.

Werner:
Ich habe viel Geld, bin wohlhabend, und eine Fabrik,
Gestern noch hatten wir ein Unglück,
Eigentlich nicht der Rede wert,
Nicht einer hat sich darüber beschwert,
Übrigens ist der gestorben, leider tot,
Ansonsten auch bei mir alles im Lot.

Wotan: Möchte sprechen, schweigt weiterhin.

Winfried:
Ich frage mich seit vielen Jahren,
Und möchte die Geschichte wahren:
Warum der kleinbürgerliche Meister in seinem jahrhundertlangen Kampfe dem Großbürger unterlegen,
Bekämpft haben sie sich dauerhaft und auf allen Wegen,
Ich habe keine Antwort gefunden,
Der Kleinbürger erlag an seinen Wunden,
Zum großen Teil zum mittellosen Lohnarbeiter entwickelt,
Die Geschichte des handwerklichen Meisters ist überaus kompliziert und verwickelt.

Alle prosten sich zu und gröhlen (nur Wotan schweigt):

Wir gröhlen das menschliche Los, Los, Los,
In die Welt, wie wir wollen, famos, famos;
Wir sind die gewissen Schrecken,
Ihr könnt uns am Arschloch lecken;
Die Geschichte ist Zwietracht und Zank,
Gott sei dank, dank, dank!

Walter:
Ich also heiße Walter, ja Walter,
Und habe zudem einen Großgrundverwalter,
Der ist mein Großgrundbesitzgestalter
Und verwaltet Menschen in jedem Alter.

Winfried hebt an und gröhlt:
Prost, prost, meine Freunde,
Auf daß es vergeude,
Daß wir vergeuden,
Die menschlichen Freuden;
Prost, meine Freunde, prost, prost!

Wotan, möchte sprechen, schweigt immer noch.

Walter:
Ein Bauer von mir hat sich vermählt, hat sich gebunden,
Doch wann er erliegt seinen seinen Narben und Wunden,
Da er von einem Krieg in den nächsten gehen mußte,
Noch bevor er sich dessen und des Krieges bewußte;
Er hat übrigens seine Hochzeit mit mir abgesprochen,
Es geschah vor vielen Tagen, ja vielen Wochen;
Er spricht alles mit mir ab;
Wann allerdings in das menschliche Grab,
Er von mir gesandt, er nunmehr einfährt,
So daß sich sein Tod bald zum zehnten mal jährt,
Wann er also in den Himmel einfahre,
Hingegen ich noch stattlich junger Jahre,
Dies wird im nicht verraten,
Ein Grab ihm sicher auf Melaten.

Alle (Wotan schweigt):
Wir gröhlen das menschliche Los, Los, Los,
In die Welt, wie wir wollen, famos, famos;
Wir sind die gewissen Schrecken,
Ihr könnt uns am Arschloch lecken;
Die Geschichte ist Zwietracht und Zank,
Gott sei dank, dank, dank!

Winfried:
Wiederum frage ich mich, warum das kunstfertige Handwerk dem Kapital unterlegen,
Bekriegt haben sie sich zu allen Zeiten, auf allen Wegen;
Warum der Meister den Kampf gegen den Verleger hat nicht gewonnen,
Warum sein Glück ihn verließ und im Stadtrat zerronnen,
Warum der Handwerker in der Manufaktur an die Kette gelegt,
Warum die große Industrie, die Maschine den Lohnarbeiter hegt;
Es kommt mir nur eine Antwort in den Sinn,
Ich schwöre es bei meinem herrlich fettfeisten Doppelkinn:
Daß bloß das Geld, das Kapital hatte die wahre Macht,
Achtsam wachte über Tag und Nacht,
Daß kein anderer Herr und Meister erwuchs in der Geschichte,
Genau hingeschaut im historischen Lichte,
Daß das Kapital, das akkumulierte Geld
Die Menschheitsgeschichte zusammenhält,
Daß das Menschsein dem Kapital unterlegen,
Auf allen seinen historischen Wegen.

Wotan, erhebt erstmals seine Stimme:
Auch ich habe nachgedacht, aber schwieg,
Daß der Mensch in einem ewigen Krieg,
Der Sklave gegen die königliche Brut,
Der leibeigene Bauer gegen seinen feudalen Herren in seinem Blut
Ertrank und seinen Krieg verlor,
Darum es ihn fliehen ließ durch das städtische Tor,
Denn Stadtluft macht frei,
Sei´s drum wie es sei;
Es bekriegten sich Gilden und Zünfte,
Während der Handwerksmeister seine Nase rümpfte,
Um die Vorherrschaft im Rate,
Darum ich dem Meister anrate,
Sich in neuen Zünften zu organisieren,
Sich miteinander zu solidarisieren.
Es bekriegten sich die Meister und Gesellen,
In Bruderschaften organisiert, sie sich gut aufstellen.
Es bekriegten sich Lohnarbeit und Kapital,
Der Kannibalismus des Menschen in einem Spital,
Ein ewiger Kannibalismus von Menschheitskriegen,
Über welche Philosophen vielmals schwiegen;
Nur wenige Philosophen haben über dieses Thema lauthals nachgedacht,
Vielen von diesen hat es fratzenhaft gelacht
Und gefoppt in allen Menschheitslagen,
Sie würden Zwietracht in die Menschheit hineintragen.
Nun wird es Zeit, die Geschichte zu wenden,
So daß diese Kriege zeitlos verenden.
Es haben viele Parteien und Farben unverdrossen
Ihre Sätze und Philosophien über die Menschheit vergossen;
Rote Fähnlein und gelbe und grüne,
Neue Sünden waren es, ihnen Schuld und Sühne;
Es gilt nun ein blaues Fähnlein zu schwenken,
Um der Menschheit ein Leben ohne Krieg und Klassenkampf zu schenken.

Alle (Wotan schweigt, bleibt nachdenklich):
Wir gröhlen das menschliche Los, Los, Los,
In die Welt, wie wir wollen, famos, famos;
Wir sind die gewissen Schrecken,
Ihr könnt uns am Arschloch lecken;
Die Geschichte ist Zwietracht und Zank,
Gott sei dank, dank, dank!

Vorhang fällt.
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D. Der Geselle

Das derbe Leben und Politisieren von Gesellen und Knechten des frühbürgerlichen Zeitalters der Stadt:
Es arbeiten vier Gesellenin einer Werkstatt eines Meisters, der im ganzen Ort und weitem Lande der Modernste ist: Er ist Küfer, Radbauer, Zimmermann und Schmied. Erst später kommt er auf die Idee, und zwar nach einem Gespräch und Verhandlungen mit einem reichen
Kaufmann, seine Handwerksmeisterei zu einer Manufaktur
zu erweitern. Wie der Geschichtskundige weiß, ist hierin, im Zusammenlegen unterschiedener Handwerke unter ein Dach, eine Entstehungsursache der dann größeren Handwerksmanufaktur zu finden. Die vier Gesellen allerdings noch sehr unbekümmert, beginnen hier einen derben Redeschwung, Fluch über ihr Sein im Besonderen und Allgemeinen unter dem Gewölbe Gottes der Reichen. Schon bald schließen sie sich einer strengen Bruderschaft an und greifen in die politischen Kämpfe des 14. Jahrhunderts und folgenden ein. Uns ist es nur möglich, einen sehr kleinen Ausschnitt der Lebensart des spätmittelalterlichen Menschen aufzuzeigen. Und der kundige und phantasiereiche Leser wird angehalten, die folgende Geschichte zu vervollständigen und zu erweitern.

Martin:
Ich, Freunde, bin ein Geselle,
Am Kopfe schon eine Delle,
Der Meister in der Schwelle,
Verschafft mir eine Kelle
an meinem Kopfe,
Die ich blutwunden mit Mull schon stopfe.

Thomas:
Ich nehme den Hammer in meine Hand,
Mit diesem Hammer der Geselle im Land,
Ist der wirkliche und wahre große Meister,
Jede andere Aussage: Fade, Lüge, Kleister;
Der Geselle sich schon in Bruderschaften trifft,
Und gelegentlich in Bruderschaften einen Joint auch mal kifft,
Aber nach allen gestrengen Regeln und Gesetzen
Darüber disputiert, wie Meister unsere Interessen verletzen.

Robert:
Achtung Schritte, der Meister eilt,
Er gerne unter seinen Gesellen verweilt,
Er immerzu selbige Worte spendet
Und uns beständig das Wort im Munde umwendet;
Achtung Schritte, der Meister eilt!

Der Meister:
Meine Herren, heute darf ich es euch endlich sagen:
Seid endlich still, niemand darf etwas fragen!
Ich befehle und damit jetzt und für immer basta,
Und daß mir niemand mehr muckt, wie denn und was da!
Ich befehle, wie es halt so ist,
Damit auch ihr endlich um meine Befehle wißt.
Martin, komm her, du derber Trottel,
Und wisch hinweg von deinem Latz den Zottel,
Und wisch auch den Wisch vom Latz doch weg,
Und wisch deinen Bart mit der Zunge sauber leck!
Und Thomas, du Galgenjunge,
Was führst du schon wieder auf der Zunge?
Hast du wieder den Schalk im Nacken,
Am Nacken der Schalk wird dich packen,
Oder den Schalk ich werde dir knacken.
Robert, was hälst du den Hammer so und so,
So brennt meine Werkstatt bald lichterloh,
Wenn lauter falsche Funken schlagen,
Welche sogleich in das Holz des Hauses hineinragen.

Ein Sprecher tritt auf die Bühne, spricht folgende Worte, währenddessen die anderen sich im Hintergrund fast lauthals streiten.

Martin, Thomas, Robert und ein vierter Mann,
Trafen sich einst beim Meister und irgendwann,
Fragten sie ganz leis um Arbeit nach;
Es war damals bei Koblenz, in Andernach.

Der Handwerksmeister besonnen, bedacht,
Hat die vier Gesellen gewiß nicht verlacht,
Fragte nach was sie pro Tag haben wollten,
So daß ihnen drei Groschen pro Tag entgegenrollten.
Die vier waren nun schon recht zufrieden,
Zu lang nämlich waren sie gewandert, wohin und wie denn
Sollten sie woanders im späten Mittelalter,
Finden einen neuen Handwerkskammerverwalter.
Sie arbeiteten zwöf Stunden am Tag
Bis es ihnen quer und krumm in ihren Mägen und Gliedern lag;
Wöchentlich träumten sie von einem blauen Montag
Oder damals schon von einem freien Sonntag;
Täglich spendete der Meister ein üppiges Mittagsmahl,
An Groschen in der Tasche allerdings gebrach es ihnen an der Zahl,
Darum traten sie ein in Bruderschaften der Gesellen,
Um als Gesellen sich in Bruderschaften gegen Meister aufzustellen.
Diese nämlich lagen in einem ewigen Streit,
In der gesamten Stadt, im Lande weit und breit;
Überall dieselben ehren Angelegenheiten,
Den Klassenkampf gegen Meister und Patrizier auszuweiten,
Der Patrizier, wie er zu seinem Geld gelangt und dieses gewonnen,
Währenddessen das Glück der kleinen Leute zerronnen, Wie er zu seinem Geld gelangt, möchte ich nun verraten,
Doch jeder weiß: Gesellen hämmern, schlagen und drahten,
Fertigen, bauen, hauen und sägen,
Mühen sich ab und lächeln verlegen,
Ihre Arbeit diente dem Kaufmann zum Wohlstand, Beileibe hat er sie als sein Werkzeug nicht verkannt.
Der Geselle: Heilig sind mir meine Knochen,
Doch kürzlich erst, es geschah vor einigen Wochen,
Schnitt ab ich die Finger meiner Hände,
Der Schmerz zog überall hin, bis zur Lende.
Ich schrie: verflucht und dies für dieses Geld,
Was bin ich doch für ein trauriger Held,
Keinen Tag länger soll er mich beuten,
Wie wäre es, wenn auch Meister und Kaufleute bereuten.
So gab es keinen Frieden zwischen den beiden,
Der Geselle konnte den Patrizier und den Meister, der
Patrizier und der Meister den Gesellen nicht leiden;
Doch auch der Meister stand mit dem Kaufmann in Streit,
Um die Macht im Stadtrat, bei jeder sich bietenden Gelegenheit;
Fast immer siegten Herr Patrizio und seinesgleichen,
Sie wollten von ihrer Macht keinen fingerbreit abweichen,
Und keinen einzigen Stuhl im Rat an Kleinbürger abgeben,
Obgleich auch diese nach Macht und Wohlstand streben.
Heute hat sich alles ganz anders entwickelt:
Die Lust, die Freundschaft, der Frieden, es prickelt,
Überall zwischen den Menschen die reinste Vernunft,
Ein jeder in einer solchen modernen Zunft;
Jeder hat nur den Vorteil des anderen im Sinn,
Ich schwöre es, bei meinem herrlich fettfeisten Doppelkinn.

Zum Abschluß der Szene kommt wieder ein Geselle zu Wort:
Ich für meinen Teil trete auf der Stelle,
Ich bin zwar kopfgewandt und überaus helle;
Doch während wir für unsere Rechte kämpfen,
Um die maßlosen Forderungen von Meistern und Kaufleuten zu dämpfen,
Folge ich meinem Schicksal der Manufakturen entgegen,
Auf vielerlei sozialen und ökonomischen Wegen,
Die Manufaktur hat den Meister und auch den Gesellen
eingefangen,
Während die Gesellen noch mit allhergebrachten Formeln rangen,
Wir beide folgten Schritt für Schritt,
Dem Ruf der Manufakturen Tritt für Tritt,
Aus uns sollte der spätere Lohnarbeiter werden,
International, in allen Ländern dieser Erden.
Zwar liebe ich dich sehr, du Menscheitsgeschicht´,
Doch gehöre ich an der niedrigsten Sozialschicht,
Bestimmt wird sie sich entwickeln, vielleicht schon Morgen,
Und hinwegfegen alle Rinnsal und Menschheitssorgen.
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