Masken in Venedig
Einst tragen sie schwarze Pestmasken,
Weil dort die Krankheit wütet, brandet,
Die Ärzte, Träger müssen hasten,
Wo diese Seuche angelandet.
Vielleicht kommt so kein Windhauch her,
Um selbst die Helfer zu vernichten?
Die Pest macht es den Masken schwer,
Den Karneval hier auszurichten.
Erst nach der großen Epidemie
Treten sie in ureigenes Recht,
Damit der Tod nun endlich flieh',
Man sagen kann: „Und jetzt erst recht!“
Vornehm und mit galanten Schritten
Stehen sie heut' am Markusplatz.
Kein Pferd kommt da hierher geritten,
Kein Auto – nur Touristenhatz...
Smartphones retten die Maskenblicke,
Kostbar sind auch alle Kostüme.
Hier lebt doch noch das alte Glück
Auf Serenissimas großer Bühne!
Maskengesichter, unbeweglich,
Verkleidet auch die Beine, Hände,
Bezaubern sehend Dich und mich,
Da gibt es endlich keine Stände!
Verdeckt ist die reale Welt,
Man sieht nicht, was dahinter liegt.
Versteckt sind Armut, alles Geld,
Weil Feiern gern die Not besiegt.
Verkleidungen verbergen auch,
Was sonst an Seelenwert gebrechlich,
So dass hier mit dem Karnevalsbrauch
Alles wird leicht – und nebensächlich!
Masken tarnen auch die Welt,
Keiner kennt die Maskenträger,
Welche Masken hier bestellt:
Wer ist Opfer – wer ist Jäger?
Daher kommt manche Großperücke
Als käm' sie direkt aus der Hölle:
Ein Lachenkaum, gefüllt die Lücke,
Drängt Menschen in die Menschenvölle.
Mitunter tragen Masken weit
Dorthin, wo gestern noch viel Leid
Zu mild umflossener Freiheit
Bei viel Musik, Tanz – ohne Streit.
Die Masken sind ein Zauberwerk,
Hier immer schon Realität,
Wo Adel wie auch mancher Zwerg
Dem Leben kommt niemals zu spät.
©Hans Hartmut Karg
2019
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