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Gedichte über Ironie - Seite 110


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Das Blatt wendet sich

Parodie "Die Bürgschaft" (Friedrich Schiller)
-1-
Aus seinen Augen Tränen quellen
und der Kamm beginnt ihm zu schwellen
und er nähert sich ihr mit fuchtelndem Stab,
es zieht ihn in die Stress-Spirale hinab,
hoch peitschen seines Zornes Wogen
mit dem Stab holt er aus zum weiten Bogen,
gerät dabei fast an des Wahnsinns Rand,
mit irrlichterndem Blick sie anblicket,
sein Gewissen weder ruft noch schicket
ihm Vernunft - er ist außer Rand und Band,
keiner sagt "Sieh zu, gewinn endlich Land!"
-2-
Die Frau sinkt auf die Knie und weint und fleht,
die Hände im Gebet erhoben
"Gott hemme sein zorniges Toben!
Es eilen die Stunden, bis Mittag steht
die Sonne, und bis sie niedergeht
lässt dieser Mann sich nicht erweichen,
Todesangst bringt mich zum Erbleichen".
-3-
Gott erhört ihr Gebet, lindert die Wut
und Welle auf Welle zerrinnet
und die Frau seinem Zorn entrinnet -
da packt sie der Zorn, sie fasst neuen Mut
und wirft sich hinein in die brausende Flut
und schwenkt mit gewaltigen Armen
den Stab, schlägt zu, kennt kein Erbarmen.
-4-
Verprügelter gewinnt Land, eilet fort,
sie danket dem rettenden Gotte,
da stürzet eine Hunderotte
hervor aus des Waldes schaurigem Ort,
den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord
und hemmet des Flüchtenden Eile,
der Hunden droht mit schwenkender Keule.
-5-
"Was wollt ihr? ruft er für Schrecken bleich,
"Ich habe nichts als mein Leben,
und werde euch mein Fleisch nicht geben!",
erschlägt mit der Keule den nächsten gleich
"Ich werd,s euch zeigen, zum Teufel mit euch!"
und drei mit gewaltigen Streichen
erlegt er, die andern entweichen.
-6-
Und die Sonne versendet glühenden Brand,
und von der unendlichen Mühe
ermattet sinken die Kniee.
"Es hat mich gnädig meine Mördershand
vor den Bestien gerettet, der Rest gewinnt Land
und soll bald verschmachtend verderben,
bissige Hunde sollen qualvoll sterben."
-7-
Und horch! da klinget es silberhell,
ganz nahe, wie rieselndes Rauschen
und stille hält er zu lauschen,
und sieh, die mutige Frau eilt herbei schnell,
springt auf ihn zu, es sprudelt ihr Herzensquell,
und bückt sich zu ihm hernieder
und massieret ihm all seine Glieder.
-8-
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün
und malt auf den glänzenden Matten
des Paares gigantische Schatten;
eng umschlungen sie durch die Wälder ziehn,
die Stunden wie im Flug vorüberfliehn,
da hört sie die Worte ihm sagen:

"Ich geb mich für immer geschlagen!"
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Pastors Geburtstagsfeier

Beziehungspflege auf dem Lande
ist nicht nur gut und pflegt die Bande,
dass Kirche und die Obrigkeit
zusammenhalten jederzeit.
Der Herr Pastor (von Gottes Gnaden)
hat zum Geburtstag eingeladen.
Die hübsche Köchin namens Ellen
soll das Menü zusammenstellen.
Denn zweifellos; zu solchem Feste
gehören nur die besten Gäste.
Der Bürgermeister, Polizei,
und auch der Lehrer ist dabei.
Der Apotheker und so weiter
und auch ein Paragraphenreiter,
so ungefähr der halbe Fiskus,
kurz, die Gesamtheit des Snobismus.
Nun weiß man ja, an solchem Tage
gibt es zuweilen Saufgelage.
Die schöne Ellen goss im Nu
die Festgesellschaft völlig zu.
Und selbst der Pastor, der sonst schüchtern,
der war am Ende nicht mehr nüchtern.
Nur der Herr Lehrer voller List
weiß, dass man besser nüchtern ist.
So endete die tolle Sause
und singend schwankten sie nach Hause.
Im Pfarrhaus fand man es sehr nett,
dann ging im Duo man ins Bett.

Doch morgens stellte sich heraus:
ein Silberlöffel fehlt im Haus.
Die Köchin scheint nicht so begehrlich,
sie meinte, sie sei fromm und ehrlich.
Dann sagt der Pastor unverhohlen,
den hat der Lehrer nur gestohlen.
Und listig meinte der Pastor:
„Den Delinquent knüpf ich mir vor!“
In einem Brief, doch mit Bedacht,
zog er den Diebstahl in Betracht.
„Der Lehrer hätt‘ vor allen Dingen
den Löffel doch zurückzubringen!“
Der Lehrer schrieb ganz unverhohlen:
„Er hätt‘ den Löffel nicht gestohlen.
Herr Pastor haben Sie bedacht,
wo Sie die letzte Nacht verbracht?“
„Ich wett‘ mit Ihnen dergestalt,
Ihr Bett war morgens noch ganz kalt;
und sage Ihnen unumwunden,
den Löffel hätten Sie dort gefunden!“
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