Nachsicht walten lassen

Ein Gedicht von Ingrid Baumgart-Fütterer
Parodie "Das Lied der Glocke" (Friedrich Schiller)

- "Mildernde Umstände" für einen Trunkenbold -

So lass uns nun gnädig betrachten,
was schwacher Geisteskraft entspringt,
Gestammel darf man nicht verachten,
nur weil er nichts andres vollbringt.
Nachsichtigkeit den Menschen zieret
- gebraucht werden will der Verstand -
dass er Mitleid im Herzen spüret
und dem Trunkenbold geht zur Hand.
Es geziemt sich manch ernstes Wort,
wenn Respekt, Güte sie begleiten,
nie darf man tadeln immerfort,
würd Anstandsgrenze überschreiten.

Noch dauern wird,s in späten Tagen
und rühren des Trunkenbolds Ohr,
sein Herz wird sich freuen statt klagen,
weil man kein böses Wort verlor.
Es beschämt ihn, macht ihn betroffen
denkt er zurück an jene Zeit,
als er tagtäglich war besoffen
und schwelgte in Weinseligkeit.

Da fasst ein namenloses Sehnen
des Trunkenbolds Herz, er irrt allein,
aus seinen Augen brechen Tränen,
es lichten sich der Trinkkumpanen Reihn.

Der Rausch ist kurz, die Reu ist lang,
doch die Weingeister verlocken,
fordern ihn auf zum Totentanz,
es läuten die Kirchenglocken.

Der Sarg, geschmücktmit Blumen und Kranz,
versinkt im heilgen Schoss der Erde,
der Leichnam ist des Sämanns Saat,
die aufkeimen wird "Stirb und werde"
zum Segen nach des Himmels Rat.

Informationen zum Gedicht: Nachsicht walten lassen

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06.03.2024
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Ingrid Baumgart-Fütterer) für private und kommerzielle Zwecke frei verwendet werden.
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