Xenia Rajnor·Samstag, 31. Dezember 2016
Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch nicht geschehen, das heißt, alles was bleibt, ist der Moment. Die Gegenwart ist alles, was zählt und in diesem Moment zählt dein Atem, dein Schweiß auf meiner Haut, deine Tränen auf meinem Herzen und dein Schmerz in meiner Seele.
Ich seh dich an und seh doch niemals tief genug. Du sprichst vom Schmerz und ich versteh doch niemals tief genug. Wir kommen niemals nah genug, nur bis zur Angst. Da ist sie, schleicht bedrohlich um uns herum, kriecht zu deinen Füßen wie ein Dutzend ungezähmter Ratten. Ich trete nach ihr, doch sie verschwindet nicht.
Sie weicht uns aus, verhöhnt uns im Stillen, verborgen hinter den alltäglichen Geheimnissen, die doch eigentlich jeder hat, die doch eigentlich völlig legitim sind und doch allem im Wege stehen, was uns zu mehr machen würde als nur zwei ängstlichen Kreaturen in Nacht und Wermut, die sich voreinander verstecken und es nicht einmal bemerken.
Wenn ich den Mut hätte, es mir genau anzusehen, würde ich mir eingestehen müssen, dass das Einzige, was in diesem Moment wirklich echt ist, die Angst ist, eben diese vor uns kümmerlich kauernde feige Monströsität, und die Unmöglichkeit, nach deiner Seele zu greifen, sie ganz zu berühren.
Ich weiß es nicht, in diesem Moment, doch das Einzige, das uns voneinander trennt, das sind wir.