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Gedichte über Hoffnung - Seite 111


Das Weihnachtsgeschenk

Eine Rentnerkasse ist zwar schmal,
doch reicht‘ s noch für Aldi und REAL.
Einige Tage vor dem Weihnachtsfest
kauften wir dort den ersten Rest.
Im Gang des Marktes stand da ein Baum,
mit Wunschzetteln als Weihnachtstraum.

Genauer gesagt, es hing nur noch einer da,
so gründlich ich auch alle Zweige besah.
Ein kleines Mädel von 11 Jahren,
das schon allerlei Leid erfahren,
will sich nicht nur mit Autos wälzen,
sondern wünscht sich ein Paar Stelzen.

Sowas hatte ich auch als Kind,
wer weiß, wo die geblieben sind.
Drei Mal Umzug im eignen Land
ist bekanntlich wie einmal abgebrannt.
Nun bin ich jeden Tag gelaufen
und wollte solche Stelzen kaufen.

Es gibt Handys gleich en gros,
doch neue Stelzen nirgendwo.
Egal, ob für Tochter oder Sohn,
man riet mir zu Ebay oder Amazon.
Nur gut, dass ich als älterer Mann
noch den Computer bedienen kann.

Stecker rein und Taste gedrückt,
schon war er Windows 10 bestückt.
Das Wort „Kinderstelzen“ eingegeben,
erweckte seine Angebote zum Leben.
Ich ging zu Ebay und suchte dann,
es kam mir auf den Preis nicht an.

Und auf der ersten Seite fand ich schon
schöne Stelzen im Originalkarton.
Alles weitere war Bürokratie,
und gegebenenfalls Verkaufsstrategie.
Mit Paypal und eigenen E-Mail-Adressen
wäre das Geschäft schon längst vergessen.

Doch jeder ist vorsichtig auf der Welt,
damit er auch sein Geld erhält.
Der Verkäufer, es ist eine Dame,
und geheimnisumwoben bleibt ihr Name,
erfuhr, dass das Mädchen 11 Jahre alt sei
und fügte noch eine Überraschung bei.


Ich bezahlte die Stelzen per online nur
und das Paketauto sie zum Supermarkt fuhr.
Dort beim Service weihnachtlich verpackt,
mit den anderen Geschenken eingesackt
und heute vom Weihnachtsmann übergeben,
werde ich dabei die Freude erleben.

Vielleicht wird sie rot im Gesicht
und stottert ein Weihnachtsgedicht.
Selbst wenn eine Träne quillt,
wir haben ihren Wunsch erfüllt.
Hier weiß ich, wo das Geld nun bleibt
und werde dran denken, auf Lebenszeit.

Doch der brave Bürger denkt
und der Turm in Brüssel lenkt.
Das Mädchen hat nicht teilgenommen,
weil sie keine Genehmigung bekommen.
Es war nicht Krankheit oder Schmutz,
sondern der Kinder-Datenschutz.

Kann man die Öffentlichkeit verwehren,
muss sie deshalb nichts entbehren.
Alle Geschenke wurden in Autos verladen
und kamen ins Heim ohne Schaden.
Dort ist alles gut organisiert
und Sonntag zur Bescherung führt.

Es gibt noch viel Elend im Land,
da ist Schenken keine Schand.
Und nur ein zufriedenes Gewissen
ist auch ein sanftes Ruhekissen.
Darum gebe ich den guten Rat:
„Jeden Tag eine gute Tat!“

23.12.2018 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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