Die Tragik des Lebens, nichts zurücknehmen zu können,
begangene Fehler nicht besser entschuldigt oder besser verziehen,
nichts unternommen zu haben der Wiederherstellung des Glücks.
Aus den kühnen Gedanken entsteht auch Betrübliches,
das zuvor der Wagnis und dem Gewinn ausgesetzt wurde, unterläuft der Zensur.
Wie sie die Städte belagern, die Landsmänner verlassen Haus und Hof,
sie ziehen in die Städte, mit ihnen kommt Hunger, Pest und Hohn.
Da thront sie, die „Hochkultur der Elite“, wie „Ritter vom Geiste“,
betört von der Kunst der Verstellung und das zur Schaustellen
einer vagen, prinzipiellen Würde, angezogen von Neugier und dem
Ergebnis des Annäherns an Feind und Frieden, das Erreichen eines
gesteckten Zieles, in vorgegebener Wunschvorstellung.
Die Tragik des Lebens, nichts zurücknehmen zu können,
auf Prinzipien zu beharren, auf Vorurteile nicht verzichten
müssen, wie bedenklich, unterliegt ständigen Schwankungen.
Schwörend, auf totalitäre Verweigerung, statt auf Erfahrungswerte zu setzen,
die in der sozialen Wirklichkeit des wahrhaftigen Daseins längst begründet
worden sind, will am Ende ungern sterben. Nicht am Galgen und nicht
durch das Schwert der Gerechtigkeit. Die Frage des Aussöhnens,
des miteinander Redens, des Umarmens. Wäre da nicht dieses Unwohlsein,
nicht zufrieden zu sein mit dem was hart umkämpft, was erreicht wurde
oder erreicht werden sollte.
Das ist die Tragik, die keiner am Ende zurücknehmen kann und die mit
nichts zu vergleichen ist, auch nicht mit der krankhaften Wut,
die zum Schwur, ein unsägliches Erlebnis bestimmt, schlimmer noch die Erfahrung,
wie die einer schweren Geburt oder der misslichen Lage, der völligen Ausweglosigkeit,
wirkt das Leiden im Kampfgebiet, in den Schützengräben und Unterständen,
wo sich Vernunft unterkühlt, unausweichlich klafft Schmerz und Tod. Zumindest
Wunden werden gepflegt, manchmal wird dort leise gestorben, still im Tal der
Unwissenheit oder in der Verzweiflungstat, so stehen sie aufgereiht, beinah
sehen sie aus wie kleine Marionetten, dunkelgrün wach, wie lebenshungrige Fichten
in Windflucht als Spalier, die Sorgenwüchse der einzelnen Kameraden, erbittert
fechtend, für den sehnlichen Wunsch, das tiefe Begehren, in ihrer Lust des
vehementen Forderns. Dem irren Suchen nach brennenden Siegen gefolgt den
Spuren der seelischen Abgründe, Gräber und Krieger-Denkmäler, die sich darin
verbergen, sie liegen und recken ihre Hälse weit über die Fluren, versperrt sind
ihre Münder auf ewig, erhoben wird ein Anrecht auf das von Blutzoll geforderte
Tribut und eines allumfassenden Mitgefühls.
Die Tragik des Lebens, nichts zurücknehmen zu können
auch nicht das befreite Nein, nicht das erzwungene Ja.
© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 04.09.2016)
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