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Gedichte über Geheimnis - Seite 57


Brief an meinen geliebten Bruder im Labyrinth

Geliebter Bruder
Einst trenntest Du Dich von der Quelle
Aus unserem Ozean mit einer Welle

In die Begrenztheit entlassen
Kannst Deine Herkunft nicht erfassen

Vergessen erzeugt "Getrennt sein"
Doch das ist nur ein Schein

Nun wandelst Du durch das Labyrinth
Während Dein Leben verrinnt

Geliebter Bruder
Du fandest Deinen Stil
Dein Weg ist Dein Ziel
Deine Moral Dein Steuer
Doch der Wegezoll ist teuer

Du vertraust
Und glaubst
Und denkst:
Du lenkst

Du irrst !

Verführt
Berührt
Belogen
Betrogen
Gelenkt

Verschenkt:
Deine Macht !

Der Teufel lacht !

Geliebter Bruder
Du irrst durchs Labyrinth
Merkst nicht, wie Deine Zeit verrinnt

Und irrst
Und irrst
Im Doppelsinn
Mit stets dem selben leichten Spinn

Folgst immer Deiner Nasenspitze
Die Dir den bekannten Weg stets weist
Gibt es vor Dir mal heftig Blitze
Du kurzerhand zurück nun reist

Geliebter Bruder
So hältst Du Dich und andere zum Narren
Fährst in den Dreck den eig´nen Karren

Im Gesicht ´ne Menge Falten
Du gehört bald zu den Alten
In Dir tot, das forschende Kind

Und irrst
Und irrst
Im Labyrinth

Geliebter Bruder
Doch das wichtigste will ich Dir zum Schluss nun sagen:

Du kannst ruhig nach Deiner Wahrheit jagen !

Deine Gedanken
Deine Worte
Dein Handeln:
Deine Verantwortung !

Der Weg den Du gehst, ist und bleibt Deiner
Und mein Weg ist ausschließlich meiner

Ich will mich von Dir trennen
Und nicht weiter durch den Irrgarten rennen

Das Loch in der Mauer, ich find's
Denn ...
Mein Ziel liegt ausserhalb des Labyrinths !

© jogdragoon
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Die geheimnisvolle Tür - Eine Geschichte mit Gedicht

Ich stieg über eine alte Holzleiter durch die dunkle Öffnung im Boden des Kellers
in den darunter liegenden kleinen Raum.
Ich sah mich vorsichtig um.
Meine Taschenlampe erleuchtete einen langen, niedrigen Gang,
dessen Ende im geheimnisvollen Dunkel verschwand.
Ich beschloss ihn zu erkunden und ging vorsichtig hinein.
Plötzlich erklang ein Raschen, Rauschen, Rummeln
Ein leises Gekicher ließ mich erschaudern.
Ich drehte mich um.
Der Lichtkegel meiner Taschenlampe wanderte nervös hin und her
Jedoch sah ich nur feuchte, kalte, alte Steine.
Es roch nach abgestandener Luft
„Warum nur habe ich mich darauf eingelassen ?
Warum nur habe ich den großen wackeligen Bodenstein im Keller des mittelalterlichen Gebäudes verschoben ?
Warum nur habe ich den geheimen Gang darunter betreten ?
Aus Neugier ?
Aus Wissensdurst ?
Aus Lust am Abenteuer ?“
fragte ich mich.
Doch bevor ich eine Antwort fand
wurde ich abgelenkt.
Am Ende des Ganges erreichte der Lichtstrahl die Umrisse einer Tür.
Schnell rannte ich darauf zu.
.. Nur noch wenige Meter ..
"Wer verfolgt mich ?" dachte ich.
Dann wieder ein Kichern und Rascheln.
"Wer versucht mich zu ängstigen ?" überlegte ich.
Das Rascheln kam immer näher.
Mein Mut überwand meine Angst vor dem Unbekannten.
Ich drehte mich erneut um und suchte die Wände, die Decke und den Boden ab.
„Hi Hi Hi“ ertönte es direkt vor meinen Füßen.
Ich schaute herunter und sah einen kleinen grünen Gnom mit großen Ohren direkt vor meinen Füßen.
Er schaute mich mit großen Augen freundlich an, lächelte und zupfte an meiner Hose.
„Du bist ja ein lustiger Kauz“ sprach der Gnom und zupfte weiter.
Er ging mir bis zum Knie, trug ein dunkelgrünes Hemdchen und eine kurze braune Hose.
Irritiert zog ich mein Bein zurück, so dass die Hose aus seinen Fingern glitt.
„Du kannst ja reden“ sagte ich.
„Du ja auch“ antwortete er.
„Wer bist Du ?“ fragte ich ihn.
„Ich bin Du, nur in hübsch !“ kam es zurück.
„Wie meinst Du das, Du bist ich ?“
„Da ich Du bin, kann ich Dir nicht erklären, warum Du ich bist, weil Du es ja selbst nicht kannst.
Dafür weiss ich zumindest dass Du ich bist, auch wenn Du dass nicht zu wissen scheinst!“
„Woher weisst Du denn, dass Du ich bist ?“
„Weil ich fühle, was ich weiss. Genau erklären kann ich es nicht !“
„Und was machst Du dann hier unten ?“
„Offensichtlich erforsche ich mich selbst !“
„Dann viel Spaß damit ! .. Ich will mir dort die Tür ansehen !“
sagte ich, drehte mich von ihm weg und ging weiter Richtung Tür.
"Ein ganz schön irres, verrücktes Wesen !" dachte ich noch und konzentrierte mich auf das Rätsel, das vor mir lag.
„Was erwartest Du denn, dahinter zu sehen ?“ fragte mich der kleine freche Gnom, der mir fröhlich hinterher hüpfte.
„Ein Geheimnis, etwas Unbekanntes, etwas seit langem Verschollenem“ entgegnete ich, während ich vor der Tür stehen blieb und sie untersuchte.
Sie war verschlossen.
Enttäuscht sah ich mich um.
Jedoch sah ich nur den feuchten Steinboden und die Steinwände.
Ich rüttelte, drückte und zog, doch die stabile Holztür rührte sich nicht.
Der Gnom schaute mir belustigt zu, wie ich mich abmühte.
Dann griff er an seinen Hals und zog an einer Kette einen Schlüssel unter seinem Hemdchen hervor.
„Suchst Du den hier ?“ fragte er mich.
Ich antwortet verblüfft: „Ist das der Schlüssel zur Tür ?“
„Ja !“ kam es kurz und knapp zurück.
Er reichte mir den Schlüssel und sagte:
„Da Du ich bist, solltest Du wissen, was hinter der Tür ist, denn ich fühle, dass ich es weiss !“
Ich legte die Taschenlampe auf den Boden um beide Hände frei zu haben,
steckte den Schlüssel in das Schloss und drehte ihn knarrend um.
Die Tür war entriegelt !
„Ich weiss es aber nicht !“ sagte ich genervt und zog sie langsam auf.
Hinter der Tür war ein kleiner Raum.
Jemand schien dort zu sein, denn ein Schatten huschte vor mir hin und her.
Ich nahm die Taschenlampe wieder auf und leuchtete in den Raum.
Doch nur eines befand sich darin:
Ein übergroßer Spiegel !
Am Fusse des Spiegels stand auf einem Schild ein kleines Gedicht.
Ich las es, drehte mich zu dem Gnom um und sagte:
"Du bist viel weiser als ich dachte !"
*
Im All bist Du als „Alleins“ allein
Trenntest Dich vielfältig im Schein
des individuellen Sein
So schaust Du
immerzu
mal harsch mal mild
in Dein eigenes Spiegelbild
und erkennst Dich selber nicht !
Verdrängst in Dir Dein Schöpferlicht
Denn Du hast absichtlich vergessen
um vielfältig das Universum zu durchmessen

© jogdragoon
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